Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 94

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meiner Auffassung nach nicht mehr dem, was unsere Jugend zur Bewältigung ihrer Zukunft heute benötigt. Wir werden uns in Zukunft nicht mehr damit begnügen können, einfach Anpassungen der diversen Ausbildungsgesetze vorzunehmen, sondern es wird in vielen Bereichen noch viel grundlegenderer Änderungen in der theoretischen und in der praktischen Ausbildung für unsere Jugend bedürfen. Vor allem muß den differenzierten Anforderungen der verschiedenen Berufe mehr als bisher Rechnung getragen werden.

Der Nationale Aktionsplan zur Beschäftigung in Österreich ist ein deutlicher Hinweis dafür, daß sich vieles in der Ausbildung, aber auch auf dem Arbeitsmarkt ändern muß, wenn wir den Wohlstand in unserem Staate halten wollen.

Um die Arbeitslosigkeit einzudämmen, wird auch von uns politisch Verantwortlichen der Trend hin zu einer verstärkten selbständigen Erwerbstätigkeit immer wieder beschworen. Auch der Nationale Aktionsplan zur Beschäftigung in Österreich widmet diesem Kapitel einige Zeilen. Nur ist, wie wir alle wissen, Papier geduldig. Meistens sind es nämlich nur die Söhne und Tochter von Selbständigen, die von ihren Eltern zu einer Denkungsart in Richtung selbständige Erwerbstätigkeit erzogen und dann einer entsprechenden Ausbildung zugeführt werden.

Ich stellte zum Beispiel meinem Sohn, der derzeit die vierte Klasse der Handelsakademie absolviert, die Frage: Ist in eurer Schule die Selbständigkeit im Berufsleben ein Thema? Seine Antwort lautete nach einigem Überlegen: Eigentlich wird darüber nicht gesprochen! Jede Handlung beginnt aber im Kopf. Es muß uns deshalb gelingen, die selbständige Erwerbstätigkeit in den Schulen, in den höheren Schulen, an den Universitäten und in allen Ausbildungsstätten, selbstverständlich natürlich besonders in den Fachhochschulen, zu thematisieren. So lange aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Verdienst und die Anerkennung bei einer Beschäftigung ohne persönliche Haftung größer sind als bei selbständiger Tätigkeit mit voller persönlicher Haftung, solange kann der Trend hin zur selbständigen Erwerbstätigkeit nicht allzu groß sein.

Es gilt also in allen Schultypen, im besonderen aber in den Fachhochschulen, bei der Ausbildung verstärkt Anreize zur selbständigen Erwerbstätigkeit zu geben, gleichzeitig aber auch Hindernisse auf dem Weg dorthin zu beseitigen und Belastungen wie mangelnde Anerkennung der dabei erbrachten Leistungen abzubauen.

Unsere Gesellschaft ist in einem ungeheuer dynamischen Umbruch begriffen. Unsere Verantwortung als Gesetzgeber ist es, mit dieser dynamischen Entwicklung Schritt zu halten, damit nicht nur heute, sondern auch in der Zukunft der hervorragende Wirtschaftsstandort Österreich gewahrt bleibt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.15

Präsident Ludwig Bieringer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile ihr dieses.

15.15

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Chancen auf Bildung zu gewährleisten, ist in zweierlei Hinsicht unabdingbar notwendig: einerseits, um den Menschen die Möglichkeit zur Entfaltung all ihrer Fähigkeiten zu geben, und andererseits, um der Gesellschaft innovative Kräfte in Wissenschaft und Forschung sowie Technik zur Verfügung stellen zu können, und zwar innovative Kräfte, die für eine konkurrenzfähige Wirtschaft und für die Sicherung von Lebensqualität notwendig sind.

Um den Anforderungen einer sich immer rascher verändernden Welt auch gerecht werden zu können, bedarf es Bildung als Grundlage. Unser Bildungssystem muß durchlässig sein, damit von den Lernenden beziehungsweise Studierenden die individuellen Interessen bestmöglich verfolgt und die gebotenen Möglichkeiten im Interesse der Gesellschaft optimal genützt werden können.


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