Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 20

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Jetzt werden ein paar fragen: Was will der Fredl? – So ist auch zu überlegen, die Länderkammer so rasch wie möglich aus dem Parlament heraus zu verlegen, um dadurch endlich eine eigene, durchschlagskräftigere Infrastruktur für den Bundesrat zu erreichen. (Allgemeiner Beifall.) Es würde dadurch auch augenscheinlicher werden, daß wir eine eigenständige Länderkammer sind.

Der Altpräsident des Bundesrates, Universitätsprofessor Dr. Herbert Schambeck, stellte dies schon vor Jahren zur Diskussion und wies darauf hin, daß sich das freiwerdende Gebäude des Niederösterreichischen Landtages in der Herrengasse dafür bestens eignen würde. Es ist aber schon vergeben. Wenn ich einen anderen Ort nennen würde, an dem es vielleicht auch möglich wäre, wäre das ein Fehler. Denn es soll ein anderer auf die Idee kommen, und zwar derjenige, der diesen Plan verwirklicht.

Auch sollte in jener Zeit, in der das jeweilige Bundesland den Präsidenten stellt, eine der Bundesratssitzungen im Landtagssitzungssaal dieses Bundeslandes stattfinden. Dazu sollte es selbst dann kommen, wenn hiefür eine verfassungsrechtliche Änderung erforderlich wäre. Nicht nur sichtbarer, sondern auch wirkungsvoller wäre dadurch unsere Arbeit als gestaltende Kraft im föderalistischen Österreich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rückblick auf meine politische Tätigkeit, aber sicherlich auch im Rückblick auf ein Schicksal, das meine Familie erlebte, bestärkte sich auch meine Meinung, daß es sehr wertvoll ist, wenn Historiker Bücher schreiben, selbst wenn sie bei ein und demselben Thema zu verschiedenen Schlüssen kommen. Es sind aber auch Bücher wichtig, die sich mit unterschiedlichem politischen Blick mit der Vergangenheit und den Erfordernissen der Zukunft befassen. Ich lese und lerne gerne aus all diesen Büchern, doch kann ich nicht umhin, zu sagen, daß mir die folgende Erkenntnis als die wichtigste gilt: "Es ist leicht, für gestern gescheit zu sein, doch schwerer, aus dem Gestern zu lernen." (Allgemeiner Beifall.)

Denn ich sehe sie immer mehr schwinden, diese erhoffte, gelebte Toleranz und das Verständnis für diejenigen, denen das Schicksal einen anderen Weg vorgegeben hat. Gebote und Verbote, welche heute noch ausgrenzen, sind kein zielführender Weg zu einer humanistischen, freien, demokratischen Gesellschaftsordnung, die wir uns von einem vereinten Europa erhoffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diskriminierende Gesetze sind, ob gegen einzelne oder pauschal, in einem demokratischen Staatswesen nicht vorzusehen. Gesetze sind immer der Wertmesser einer Gemeinschaft und deren demokratischer Reife.

Das Überzeugen und Vorleben durch politische Repräsentanten wie auch der Einfluß einer verantwortungsbewußten Presse sind die wichtigste Stütze des demokratischen Rechtstaates.

Dieses Vorleben und Überzeugen macht uns zum Beispiel auch Dr. Otto von Habsburg, einer der ganz großen Wegbereiter zum vereinten Europa, eindrucksvoll augenscheinlich – sowie die Habsburger Österreich als Heimat in unser Bewußtsein unauslöschlich einprägten. Das sollten wir gerade im Jahr der Feier zum 80jährigen Bestehen der Republik Österreich nicht vergessen. Dies ist meine Meinung als überzeugter Demokrat und Republikaner. Daher glaube ich, daß wir uns, solange es Habsburger Gesetze in Österreich gibt, weltweit nicht überall glaubhaft als humanistische Demokratie präsentieren können. Persönlich bin ich daher für die Aufhebung der Habsburger Gesetze. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes ist Auftrag zu Gleichbehandlung aller Bürger und schließt Ausgrenzungen von Menschen, Ideologien, Religionsbekenntnissen und so weiter aus. Dem Zeitgeist entsprechend fordert er uns gerade heute auf, Gesetze, welche Ausgrenzungen zulassen, auf den derzeitigen Status demokratischer Reife hin zu modifizieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Jede Ausgrenzung aus ideologischen Motiven bedeutet Schmerz und Sorge, insbesondere für jene, welche Ausgrenzung in der Vergangenheit leidvoll selbst erlebten und dagegen auch Widerstand geleistet haben. Wir müssen daher bemüht sein, für unsere Jugend das Verständnis


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