Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 43

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Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 30. Juni 1998 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht und die Antragstellung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Bösch. – Bitte.

16.32

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Wir konnten zum Thema Konsultationsmechanismus hier im Bundesrat schon mehrere Male Stellung beziehen. Sie wissen auch, daß der Vorarlberger Landtag den ersten Entwurf betreffend den Konsultationsmechanismus einstimmig angenommen hat, und ich nehme an, er wird dies auch bei der endgültigen Vorlage tun. Wenn es deshalb zur Abstimmung kommt, werde ich als Bundesrat des Landes Vorarlberg auch als einziger meiner Fraktion der heutigen Vorlage aus Respekt vor diesem eindeutigen Votum zustimmen, was mich aber nicht davon abhalten soll, inhaltlich an der heute von Ihnen zu beschließenden Vorlage Kritik zu üben.

Meine Damen und Herren! Der Hauptpunkt meiner Kritik an diesem jetzt eingerichteten Konsultationsmechanismus, der mich im Grunde genommen als Mitglied dieser parlamentarischen Kammer, als Bundesrat, am meisten ärgert, ist jener, daß dieser Konsultationsmechanismus nicht im Bundesrat eingerichtet wird, in einem – ja im einzigen! – verfassungsmäßig legitimierten Organ, das eigentlich die Interessen der Länder gegenüber dem Bund vertreten sollte. Das, meine Damen und Herren, ist nach meiner Auffassung schlicht und einfach unverzeihlich.

Das neue Gremium Konsultationsmechanismus wurde nach regierungskoalitionären Verhandlungen nunmehr eingerichtet, obgleich man ein verfassungsmäßig legitimes Organ gehabt hätte. Wir haben nämlich nicht nur den Bundesrat, der die Interessen der Länder auf Bundesebene zu vertreten hat, sondern wir haben auch – ich habe darauf ebenfalls schon Bezug genommen – im Finanzverfassungsgesetz von 1948 im § 9 den Ständigen Ausschuß zwischen National- und Bundesrat, der sich der Finanzfragen – freilich dort festgelegt im Sinne der Richtung vom Bund auf die Länder – annehmen soll, festgeschrieben. Durch all diese Funktionen, die man jetzt im Konsultationsmechanismus eingerichtet hat, hätte dieser verfassungsmäßig vorgesehene und festgeschriebene Ausschuß endlich aufgewertet werden können. Eine versäumte Gelegenheit ist hier zu beklagen, meine Damen und Herren, die für mich als Bundesrat, der diese Kammer aufgewertet sehen möchte, eigentlich unverzeihlich ist.

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern in unserer Republik neu geordnet werden müssen und daß insbesondere auch die Aushöhlung des in Österreich ohnedies schwach entwickelten bundesstaatlichen Prinzips gestoppt werden muß. Die zentralistischen Tendenzen haben sich nach dem Beitritt zur Europäischen Union durch die Kompetenzverlagerung zu vielen Unionsorganen hin verstärkt – entgegen allen Beteuerungen vor dem Beitritt zur Europäischen Union. Daß es hier noch Lücken gibt, wurde in der vorhergehenden Debatte zum Vertrag von Amsterdam nicht nur von Sprechern meiner Fraktion dargelegt.

Die Regionalparlamente werden in einen zunehmenden Legitimationsnotstand kommen; im Rahmen der Europäischen Union ist das Parlament der Republik Österreich und damit auch der Bundesrat ein Regionalparlament. Dieser neuerliche massive Kompetenzverlust verstärkt eine Entwicklung, die das bundesstaatliche Prinzip der Bundesverfassung erneut aushöhlt und eigentlich eine schleichende Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt.

Meine Damen und Herren! Es ist nicht zu bezweifeln, daß Österreich jetzt schon ein schwach ausgebildeter Bundesstaat ist, da der Bund ein erhebliches Übergewicht an Kompetenzen aufweist und der Einfluß des Bundesrates auf die Bundesgesetzgebung – wir erleben es hier Sitzung für Sitzung – leider Gottes sehr gering ist und auch die wenigen Kompetenzen, die wir haben, nicht immer in der Art und Weise wahrgenommen werden, wie es wünschenswert wäre.


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