Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 68

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Präsident Alfred Gerstl: Nächster Redner ist Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. – Bitte.

18.31

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heute zu beratende Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist der seit längerer Zeit größte Schritt zur Vereinfachung von Verwaltungsverfahren. Daß der Gesetzesbeschluß im Nationalrat einstimmig gefaßt wurde, sagt wohl auch etwas über die Qualität und die vorangegangene gründliche Beratung aus. Die Fehlentwicklung zu langwierigen und komplizierten Verfahren lag – jetzt einmal abgesehen von früher in dieser Form gar nicht bekannten Massenverfahren – nicht so sehr am AVG selbst als an dessen Zurückdrängung durch materienspezifische Regelungen. Dem allgemein gültigen Verwaltungsverfahrensgesetz als einem der wenigen Jahrzehnte überdauernden Gesetze wird mit der heutigen Novelle sozusagen sein angestammter Platz als Dach über den Materiengesetzen wieder zurückgegeben, und das halte ich für einen ganz wesentlichen Fortschritt.

Damit im Zusammenhang steht auch die Derogationsbestimmung, auf die schon mehrfach eingegangen wurde, die natürlich von dem Ziel geleitet ist, diese unterschiedlichen Ausprägungen in den Materiengesetzen zurückdrängen zu helfen. Es mag nun dahin gestellt sein, ob die Kritik der Länder Niederösterreich und Kärnten, es handle sich um einen Eingriff in Länderzuständigkeiten, berechtigt ist oder nicht, denn man kann auch die Meinung vertreten, das sei in der Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes miteingeschlossen. Es ist jedenfalls von den Auswirkungen her von den Ländern durchaus vertretbar und im Interesse der Sache in gewisser Weise auch geboten.

Etwas anderes sind – darauf hat Herr Professor Böhm zuletzt hingewiesen – die Auswirkungen auf die Rechtssicherheit und die Klarheit des Rechtsbestandes. Da ist die Derogationsbestimmung in dieser Form ohne Zweifel problematisch, und daher bin ich dankbar, daß es in Zusammenarbeit aller hier vertretenen Fraktionen gelungen ist, einen Entschließungsantrag zu formulieren, den ich hiemit einbringen möchte.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Jürgen Weiss, Josef Rauchenberger, Dr. Peter Böhm, Alfred Schöls und Kollegen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, eine öffentliche – allenfalls auch im Internet – zugängliche Dokumentation zu erstellen, welche abweichenden Verfahrensvorschriften in den Verwaltungsvorschriften durch die neuen Bestimmungen des AVG aufgrund des § 82 Abs. 7 AVG derogiert werden. In Zusammenarbeit mit den Ländern sollen auch die durch § 82 Abs. 7 AVG aufgehobenen Bestimmungen in die Verwaltungsvorschriften der Länder aufgenommen werden.

Die Bundesregierung wird weiters ersucht, zu prüfen, inwieweit eine Präzisierung der Derogationsbestimmung des § 82 Abs. 7 in diesem Sinne im Wege einer Verordnung gemäß Artikel 18 Abs. 2 B-VG möglich ist und gegebenenfalls eine solche Verordnung zu erlassen.

Die Bundesregierung wird weiters ersucht, in Regierungsvorlagen, die Gesetze betreffen, die durch § 82 Abs. 7 derogierte abweichende Verfahrensvorschriften enthalten, deren ausdrückliche Aufhebung vorzuschlagen.

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Soweit der eingebrachte Antrag.

Es wäre in der Tat den Rechtsunterworfenen schwer zumutbar gewesen, an Stelle der Behörde Vermutungen darüber anzustellen, welche Bestimmungen nun in Kraft sind. Das ist eine Auf


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