Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 69

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gabe, die, so glaube ich, der Gesetzgeber – subsidiär auch die Regierung – gegenüber dem Bürger zu erfüllen hat.

Ich möchte abschließend noch kurz darauf eingehen, daß das AVG naturgemäß nicht alle offenen Anliegen an Verwaltungsverfahren befriedigen konnte. Ich verweise darauf, daß die Länder seit längerer Zeit einhellig eine Änderung des § 21 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz fordern, wonach nicht nur Organe der öffentlichen Aufsicht, beispielsweise Gendarmeriebeamte, sondern auch sonstige amtliche Organe von der Erstattung einer Anzeige absehen können, wenn nach den gegebenen geltenden Voraussetzungen damit zu rechnen ist, daß ohnedies kein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt wird. Diese Ermächtigungen haben derzeit beispielsweise Polizisten, die darüber entscheiden können, ob sie eine Anzeige machen oder nicht. Ein Beamter der Bezirkshauptmannschaft muß auf jeden Fall ein Verfahren einleiten, auch wenn absehbar ist, daß es wegen Geringfügigkeit gar nicht weitergeführt wird. Damit kann in der Praxis ein ganz beachtlicher Verwaltungsaufwand verbunden sein.

Zweitens: Die bargeldlose Bezahlung, nämlich mit Kreditkarte oder Bankomatkarte, sollte nicht nur bei Organmandaten oder bei Autobahnvignetten möglich sein, sondern auch bei der Erstattung von Verwaltungsgebühren. Es ist nicht einzusehen, daß diese völlig veraltete Systematik mit Stempelmarken noch immer weitergeführt wird. Die Erfahrungen mit der Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer in Form von Stempelmarken zeigen, daß es möglich und ein sinnvoller Beitrag für die Bevölkerung ist.

Drittens: Es wird jetzt die Möglichkeit eröffnet, daß man auch automationsunterstützt, im elektronischen Datenverkehr Anbringen an die Behörde einbringen kann. Daraus folgt nahtlos die Notwendigkeit einer rechtlichen Regelung des Signaturwesens, die europaweit in Arbeit ist. Ich möchte nur anmerken, daß da ein Handlungsbedarf bestehen wird. Schließlich wäre auch noch zu prüfen, auch aufgrund der Kritik der Volksanwaltschaft, ob das sogenannte vereinfachte Verfahren der Gewerbeordnung tatsächlich zur Vereinfachung beiträgt. In der Praxis ist eher das Gegenteil festzustellen. Außerdem wären eine verfassungsrechtliche Grundlage für eine flexible Verfahrenskonzentration und ein einheitliches Anlagenverfahren notwendig.

Bei der Verfahrensbeschleunigung gibt es in allen Bundesländern in den letzten Jahren große Fortschritte. Ich bringe nur ein Beispiel aus meinem eigenen Bundesland. Dort konnte die Durchschnittsdauer von gewerberechtlichen Anlagenverfahren von 139 Tagen im Jahre 1994 auf inzwischen 97 Tage im Jahre 1996 reduziert werden. Für Standortentscheidungen im internationalen Wettbewerb ist allerdings nicht nur die Schnelligkeit der Verwaltungsverfahren maßgeblich, sondern auch – das wird in Österreich, weil wir es gewohnt sind, häufig unterschätzt – die Rechtssicherheit, die ein Investor haben kann, wenn er sich um die Umsetzung einer Investitionsentscheidung bemüht. Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz wird mit der heute zu beschließenden Änderung einen wichtigen Beitrag dazu leisten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Dr. Böhm. )

18.38

Präsident Alfred Gerstl: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. – Bitte.

18.39

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich im Vorspann Herrn Präsidenten Gerstl Dank dafür ausspreche, daß er heute in dieser Form die Präsidentschaft übernommen hat, welche die Wertigkeit des Bundesrates auch der Öffentlichkeit in besonderer Weise hervorstreicht. Dafür, Herr Präsident, herzlichen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Entschließungsantrag, Herr Vizepräsident Weiss: Dieser Entschließungsantrag, der inhaltlich unsere Zustimmung findet, ist ein Dreiparteienantrag, den auch Herr Dr. Böhm unterzeichnet hat. Ich würde nur bitten, daß auch er als Unterzeichner genannt wird.

Meine Damen und Herren! Ganz kurz: Die Reformbedürftigkeit der Verwaltungsgesetze, die in diesem Betreff angeführt sind, ist unbestritten. Ich möchte daher ein wenig den Grund beleuchten, warum es dazu gekommen ist. Es ist nicht nur dazu gekommen, weil der Gesetzgeber dies


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