Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 100

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Ich möchte hier nicht eigene Erfahrungen schildern, aber ich kenne auch eine Familie aus meinem nahen Umfeld, die seit mehr als 20 Jahren dafür sorgt, daß Fremde integriert werden. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Einen Moment, Herr Kollege, einen Moment!

Was wir Freiheitlichen an dieser Vorlage bemängeln – nicht deren humanitärer Charakter –, ist, daß es natürlich auch andere Bereiche gibt, denen man mit gleichen Bestimmungen entgegenkommen müßte. Ich erwähne etwa die Kurden, die in der Türkei nicht einmal das Recht haben, sich "Kurden" zu nennen. Sie heißen "Bergtürken" beziehungsweise müssen sich "Bergtürken" nennen. Ihre Dörfer werden mit Napalm vernichtet, sie und ihre Familien werden vertrieben. Da wurde – leider Gottes! –, aus welchen Gründen auch immer, keine Sonderregelung gefunden.

Es gibt auch noch andere Bereiche: Ich erwähne in diesem Zusammenhang die Altösterreicher in Rumänien, die versucht haben, nach Österreich auszureisen. Bei dieser Gruppe wurde es eigentlich verabsäumt, zu helfen, obwohl, von allen applaudiert und akklamiert, gesagt wurde: Ja, für diese Menschen müßten wir ebenso sorgen. – Es gibt also andere Bereiche, die wir hier behandeln und mitbehandeln sollten. Die Frage der Gleichbehandlung – ich weiß, das ist ein notwendiger Akt, der gesetzt werden soll – sehen wir Freiheitlichen anders, und ich sage, andere Probleme hätten es sich ebenso verdient, gelöst zu werden. Das ist die eine Seite, die ich hier erwähnen möchte.

Die andere Seite ist jene, meine Damen und Herren, daß die Österreicherinnen und Österreicher – es gibt beinahe 1 Million, die unterhalb der Armutsgrenze leben – ebenso ein Anrecht darauf haben, gleichbehandelt zu werden. Es gibt auch bedauerliche Fälle unter der heimischen Bevölkerung, bei denen geholfen werden müßte.

Ich möchte noch einen Bereich erwähnen, weil da manchmal der Eindruck entstehen könnte, die österreichische Bevölkerung wolle nicht helfen oder hat nicht geholfen. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges sind 2,5 Millionen Menschen in den Staat Österreich integriert worden. Kein anderer Staat der Welt kann eine prozentmäßige Integration in dem Ausmaß, wie sie Österreich durchgeführt hat, aufweisen. Das sollte man auch bedenken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein letztes möchte ich noch anmerken, ich habe das bereits mehrere Male hier moniert – auch bei Ihnen, sehr geehrter Herr Minister –, wobei ich feststellen möchte, daß Ihre Vorlagen immer äußerst prüfenswert und durchaus äußerst genau sind, aber es gibt eben Gründe, die ich auch vorhin ausgeführt habe, aufgrund derer man nicht immer zustimmen kann.

Das, was mir immer hinsichtlich der Fremdengesetze und auch in anderen Bereichen abgegangen ist, ist, daß die Mitwirkung der Bevölkerung angesprochen werden sollte, auch in Form legistischer Akte. Es sollte etwa die Aufenthaltsbewilligung für die Flüchtlinge, wie es seinerzeit der Fall war, mit der Gemeinde und mit der Gemeindebevölkerung abgesprochen werden. Das wäre der erste Schritt zur Integration. Es ist heute manchmal so – hören Sie sich draußen um! –, daß die Menschen sagen: Da wird uns irgend jemand hergesetzt. – Zu 90 Prozent bemühen sich diese Menschen wirklich und helfen mit, daß die Flüchtlinge integriert werden können. Aber nicht alle, die integriert werden oder eine Integration anstreben, sind auch integrierungswürdig. Es gibt viele Fälle, bei denen die örtliche Bevölkerung sagt: Nein, das ist uns eigentlich zuviel, wenn jemand unten in Jugoslawien und auch in Österreich eine Wohnung hat und dann sagt: Eigentlich geht es mir hier besser, meine Heimat muß eben noch ein bißchen warten, bis ich komme. (Bundesrätin Schicker: Das sind aber nicht diese bosnischen Flüchtlinge, von denen wir heute hier sprechen!)

Wenn unsere ältere Generation nach dem Zweiten Weltkrieg so gedacht hätte, dann hätte unser Land niemals wiederaufgebaut werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich würde mir wünschen, sehr geehrter Herr Minister, daß es auch zu einer Gleichbehandlung in anderen Bereichen kommt. Österreich kann nur in einem beschränkten Rahmen Flüchtlinge aufnehmen. Ich habe bereits die Kurden erwähnt, ein Volk, das jahrhundertelang von vielen Seiten gequält wurde, bei dem sich die menschliche Zuwendung jedoch in Grenzen gehalten hat. Auch da wären entsprechende gesetzliche Regelungen notwendig. Es wäre weiters Hilfe für jene Österreicher notwendig, die – ohne oder mit Verschulden – unter der Armutsgrenze leben.


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