Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 196

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stünde im Zentrum dieses Konflikts. Wir befänden uns, schrieben sie weiter, heute an einem Punkt der Geschichte, an dem wir uns auf eine Krise zubewegen, die jäher, umfassender, unvermeidlicher und beunruhigender als alle Krisen sei, welche die Menschheit bisher erlebt hat.

Meine Damen und Herren! Diese schmerzvollen und deutlich hörbaren Hilferufe waren bereits vor drei Jahrzehnten zu vernehmen. Die Befürchtungen, in eine Ökokatastrophe zu schlittern, waren vorhanden, die Reaktionen der einzelnen Länder beziehungsweise der einzelnen Verantwortungsträger waren aber sehr unterschiedlich.

Es war jedoch meiner Ansicht nach sehr wichtig, daß im Zuge der Konferenz von Stockholm Umweltpolitik als ein eigenständiges Element erkannt wurde. Bis zum Ende der siebziger Jahre war Umweltpolitik vorrangig an lokalen beziehungsweise regionalen Problemen wie zum Beispiel der Wasserreinhaltung orientiert. Schöne Erfolge in der Umweltpolitik gab es damals auch in Österreich. Dies war vor allem auf eine verantwortungsvolle Umweltpolitik der sozialdemokratischen Alleinregierung zurückzuführen.

In den achtziger Jahren rückten globale Probleme unserer Umwelt in den Vordergrund: Treibhausgase, Klimaänderungen, Vernichtung der Regenwälder, Zerstörung der Ozonschicht und vieles mehr. Man erkannte, daß Umweltpolitik nicht allein auf nationaler Ebene umgesetzt werden kann, sondern Erfolge erst durch eine weltweite Zusammenarbeit erzielt werden können.

Seit der Konferenz von Rio im Jahr 1992 hat sich in der internationalen und in der österreichischen Umweltpolitik viel ereignet, obwohl die Wunschvorstellung der Umweltschützer, Rio werde sowohl in der Weltbevölkerung als auch bei den Mächtigen in Politik und Wirtschaft zu einem Bewußtseinswandel und damit zu verbindlichen Vereinbarungen führen, nicht erfüllt wurde. Vor allem die mächtigen USA entpuppten sich dabei immer wieder als Spielverderber – sie sind bis heute geblieben –, obwohl gerade die Vereinigten Staaten als einer der Hauptemittenten pro Kopf dreimal soviel Energie verbrauchen wie manche EU-Staaten und ein Vielfaches von so manchem Dritte-Welt-Land.

Meine Damen und Herren! Unbestritten ist aber, daß gerade in den letzten zwei, drei Jahrzehnten eine sehr effektive Umweltpolitik betrieben wurde, die unter anderem auch durch die erwähnten Umweltkonferenzen bewirkt wurde, in vielen Bereichen jedoch noch verbesserungsfähig ist.

Österreich hat, wie heute schon gesagt wurde, innerhalb der EU in Umweltbelangen sicherlich eine Vorbildfunktion. Das könnte man durch verschiedene Beispiele beweisen. Der Schwefeloxidausstoß konnte in den Jahren 1990 bis 1994 um über 80 Prozent verringert werden. Maßnahmen, die von der damaligen Regierung eingeleitet und von der Wirtschaft mitgetragen wurden, wie zum Beispiel Rauchgasentschwefelungen, Reduktion des Schwefelgehaltes im Rohöl und vieles mehr, waren dafür verantwortlich. Auch andere Luftschadstoffe konnten reduziert werden, leider jedoch nicht in dem von uns gewünschten Ausmaß.

Der Großteil der heute in Österreich wirksamen Schwefeloxide stammt, wie schon gesagt, nicht mehr von österreichischen Emittenten, sondern kommt aus dem Ausland, zum Beispiel aus den osteuropäischen Ländern, aber auch aus den EU-Staaten. Gerade deshalb ist ein völkerrechtlich verbindliches Protokoll auch in Zukunft notwendig, denn in unseren Nachbarstaaten ist die Umweltsituation nicht so gut wie bei uns. Es liegt in unserem eigenen Interesse, daß auch in diesen Ländern die Emissionssituation verbessert wird.

Ein wesentlicher Punkt dieses neuen Protokolls ist, daß für jede Vertragspartei eine Berichterstattungspflicht besteht, etwa bezüglich der nationalen Strategien und Maßnahmen, aber auch bezüglich der nationalen Schwefelemissionssituation. Die Einsetzung eines Ausschusses, der die Durchführung dieses Protokolls und die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen überprüfen sowie danach geeignete Empfehlungen geben wird, ist ein weiterer wesentlicher Punkt. Werden diese nicht eingehalten, können bestimmte Maßnahmen von diesem Durchführungsausschuß eingefordert werden.


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