Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 17

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Ich frage mich jedoch nach wie vor, ob die Rundfunkkommission unbedingt mit allen Mediensprechern der großen Parteien besetzt sein muß. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es sinnvoll ist, daß die Nationalratsabgeordneten Schieder und Kukacka und die anderen "Medienexperten" in der Rundfunkkommission sitzen müssen, um dann dort letztlich wieder über die Beschwerden gegen diese Entscheidungen zu entscheiden.

Wir Freiheitlichen wollten immer einen Schritt zu mehr Liberalität, zu mehr Dualismus, zu einem gleichberechtigten Nebeneinander zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Die Vormachtstellung des ORF wurde durch dieses Gesetz nicht tangiert, sondern weiter prolongiert. Ich weise nur darauf hin, daß bei den vier Programmen, die der ORF hat, die Werbezeit nur ein einziges Mal angerechnet wird. Auch in den rechtlichen Rahmenbedingungen wird der ORF nach wie vor äußerst wohlwollend behandelt, so wohlwollend, wie dies sonst nirgendwo in Europa der Fall ist.

Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, geschieht nichts in Richtung Dualismus, heute geschieht sehr wenig in Richtung Chancengleichheit, das ORF-TV-Monopol wird nicht in Frage gestellt – wir warten daher nach wie vor auf die große Rundfunkreform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.57

Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile ihm dieses.

12.57

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine Wortmeldung zum Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden, bezieht sich lediglich auf die §§ 5 und 8 dieser Vorlage. In diesen Paragraphen ist geregelt, daß der ORF aufgrund der bisher geltenden Bestimmungen einen Teil seiner Sendezeit an die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien und an Interessenverbände zu vergeben hat. Die Zuteilung dieser Sendezeit ist entsprechend ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben vorzusehen.

Entsprechend einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1997 wurde die Wortfolge "und an Interessenverbände" im § 5 Abs. 1 Rundfunkgesetz als verfassungswidrig aufgehoben, wobei die Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 1998 in Kraft tritt. Begründet wurde die Aufhebung mit der mangelnden gesetzlichen Determinierung des Begriffs "Interessenverbände". Diese entspreche nicht dem verfassungsgesetzlichen Legalitätsprinzip, es gebe keine gesetzlichen Kriterien dafür, was überhaupt unter "Interessenverbände" im Sinne der zitierten Vorschrift zu verstehen sei, zudem lasse das Rundfunkgesetz insgesamt keine Bestimmungsgründe für die notwendige Auswahl für den Fall erkennen, daß sich eine Vielzahl von den dem Grunde nach in Betracht kommenden Interessenverbänden um Sendezeiten bewirbt.

Der Verfassungsgerichtshof hat damit auch einem Ergebnis einer Resolution des ORF-Kuratoriums entsprochen, das die Belangsendungen der Interessenverbände als nicht mehr zeitgemäß angesehen hatte.

Von 924 Belangsendungen kamen im heurigen Jahr 462 auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien und ebenso viele auf die Interessenverbände und wurden vom ORF auf Ö 1 und Ö-Regional gesendet. Waren der Arbeiterkammer, dem ÖGB, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und der Wirtschaftskammer Österreich dabei je 58 Sendungen zuerkannt, so verfügten die übrigen zehn Verbände über jeweils 23 Sendungen.

Grundlage dieser Zuerkennung war und ist § 8, welcher die dem ORF-Kuratorium übertragenen Aufgaben regelt, wobei in Ziffer 11 die entsprechende Formulierung bisher lautete: die Entscheidung über die Vergabe von Sendezeiten an Interessenverbände (§ 5 Abs. 1).

Künftig soll diese Bestimmung lauten: die Entscheidung über die Vergabe von Sendezeiten an gesetzliche berufliche Interessenvertretungen, den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Vereinigung der österreichischen Industrie.

Diese künftige – wie ich meine: willkürliche – Determinierung ist auch der Grund dafür, daß ich mich erstens zu diesem Gesetz zu Wort gemel


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