Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 18

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det habe und zweitens diesem Gesetz meine Zustimmung versagen werde. Es gibt nämlich für diese gesetzliche Begrenzung keine logische Begründung, ich behaupte sogar, daß es sich um eine diskriminierende, ungerechtfertigte Bestimmung handelt, die Industriellenvereinigung und den ÖGB neben den gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen als einzige Interessenvertretungen auf gesetzlicher Basis hervorzuheben.

Diese Regelung verstößt meiner Rechtsauffassung nach auch eindeutig gegen den öffentlichen Informationsauftrag des ORF, die Meinungsvielfalt zu beachten.

Auch der im ORF-Gesetz verankerte Rechtsgrundsatz, daß die politischen und wirtschaftlichen Interessenverbände gemäß ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben zu Wort kommen sollen, wird durch die beabsichtigte Regelung gröblichst verletzt.

Aufgrund dieser Gegebenheiten bin ich der festen Überzeugung, daß der Verfassungsgerichtshof, so er damit befaßt werden sollte, diese Bestimmung neuerlich nicht gutheißen und beheben wird. (Bundesrat Dr. Harring: Das glaube ich auch! – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist richtig!)

Die von mir als willkürlich festgestellte Determinierung als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und gröblichste Verletzung gegen das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes kann ich natürlich begründen und auch mit eindeutigen Fakten untermauern.

Der Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs, dem das von mir vertretene Unternehmen auch als Mitglied angehört, ist bereits seit mehr als 20 Jahren Träger von Belangsendungen, deren Informationsgehalt stets sehr positive Resonanzen aus allen Bevölkerungsschichten hatte.

Die Bedeutung des öffentlichen gemeinwirtschaftlichen Sektors und seiner Unternehmungen unterstreicht auch folgender Vergleich: Während im Durchschnitt die gewerbliche Wirtschaft insgesamt 10 Unselbständige pro Unternehmen beschäftigt, sind dies demgegenüber in Unternehmungen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft 112 Beschäftigte. Der Produktionswert der gewerblichen Wirtschaft liegt pro Unternehmen im Durchschnitt bei rund 13 Millionen Schilling, jener der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft bei über 191 Millionen Schilling. Die Bruttoinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft betragen pro Unternehmen im Durchschnitt 1,5 Millionen Schilling, jene der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft liegen bei 38 Millionen Schilling.

Laut jüngster Statistik des ÖSTAT beschäftigen die Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft rund 18 Prozent der Arbeitnehmer. Sie sind verantwortlich für 39 Prozent betriebliche Investitionen und erbringen mehr als ein Viertel der Bruttowertschöpfung Österreichs.

Diese bedeutenden Leistungen werden schwerpunktmäßig in den tragenden strategischen Wirtschaftszweigen erbracht, welche den Ausbau und die Qualität der österreichischen und gesamteuropäischen Infrastruktur sichern. In den Bereichen der Energie- und Wasserversorgung werden rund 89 Prozent der Investitionen und 85 Prozent der Wertschöpfung erreicht, im Verkehrswesen und der Telekommunikation rund 72 Prozent der Investitionen und 66 Prozent der Wertschöpfung und im Kredit- und Versicherungswesen rund 62 Prozent der Investitionen und 79 Prozent der Wertschöpfung. Auf den Gebieten des Realitätenwesens und der industrienahen Unternehmensdienste schließlich tätigt die öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft 55 Prozent der Investitionen.

Alle diese Leistungen, die nur von 1,7 Prozent der Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft erbracht werden, kommen den restlichen 98,3 Prozent privaten Unternehmen zugute, schaffen auch dort Arbeitsplätze und dienen insgesamt allen rund 8 Millionen Einwohnern unseres Landes.

Durch die Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft werden also öffentliche Interessen wahrgenommen. Sie haben deshalb auch ein fundamentales Recht auf entsprechende öffentliche Publizität.


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