Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 47

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zwischen drei Personen gehen kann, denn damit wären die nachfolgenden Erläuterungen klar, daß der zweite niemals der Präsidentschaftsfraktion angehören darf.

Es sind also alle drei Präsidenten dabei zu berücksichtigen, was für eine drittstärkste Fraktion unserer Größe ebenfalls die Nominierung eines Vizepräsidenten möglich machen muß. Die Zurückweisung unseres Vorschlages, meine Damen und Herren, nehmen wir unter Protest zur Kenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.10

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Albrecht Konecny das Wort. – Bitte.

15.10

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade einmal mehr erlebt, daß Zitieren Glücksache ist. Man kann natürlich an einem Punkt zu zitieren beginnen, wo das Wesentliche bereits gesagt ist.

Besagter Abs. 3 des § 6 unserer Geschäftsordnung hat aber nicht nur einen Schlußsatz, er hat auch einen relativ ausführlichen Anfang. Dieser lautet:

"Der Bundesrat hat anläßlich jedes Wechsels im Vorsitz" – das ist schon aus der Formulierung hervorgehend etwas anderes – "gemäß Abs. 1 aus seiner Mitte zwei Vizepräsidenten sowie mindestens zwei Schriftführer und mindestens zwei Ordner" – es sind derzeit drei – "zu wählen. Die Wahlen sind nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes (d’Hondtsches Verfahren) ..." – da haben Sie zu zitieren begonnen – "... durchzuführen."

Der Wahlgegenstand ist in diesem Absatz mit nicht zu überbietender Eindeutigkeit definiert: zwei Vizepräsidenten, mindestens zwei Schriftführer, mindestens zwei Ordner.

Der von Ihnen vorgebrachte Hinweis, daß das d’Hondtsche Verfahren unsinnig wäre, wenn es nur zwei Vizepräsidenten gäbe, geht natürlich völlig daneben! Stellen wir uns einen Bundesrat vor, in dem, wie viele Fraktionen auch immer es darin gibt, die stärkste Fraktion über mehr als das Doppelte der Zahl der Abgeordneten der zweitstärksten Fraktion verfügt. Es würde diese stärkste Fraktion im Normalfall beide Vizepräsidenten stellen. Dann aber, da auch der Präsident aus ihren Reihen kommt, hätte sie auf einen dieser Sitze zu verzichten, weil durch die Bestimmung, daß der erste Vizepräsident einer anderen Fraktion als der Präsident anzugehören hat, die Regeln des d’Hondtschen Verfahrens außer Kraft gesetzt werden. – All das ist mit unüberbietbarer Deutlichkeit in der Geschäftsordnung geregelt! (Rufe bei den Freiheitlichen.)

Ich gebe zu, daß die halbjährliche Wiederholung gewisser Debatten so etwas Ähnliches wie ein Weihnachtsfest werden kann. Es gibt Rituale, die einem richtiggehend ans Herz wachsen. Diese Debatte ist eines dieser Rituale, das wir sehr genießen: Wir möchten es nicht mehr missen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich stelle fest, daß ich mit dieser Ausführung dem Herzensgefühl der großen Mehrheit dieses Hauses Ausdruck verliehen habe. (Bundesrat Dr. Tremmel: Sind Sie da ganz sicher? – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Es gibt eine gewisse freiheitliche Folklore – Taferln hochhalten, über die Wahl des Vizepräsidenten debattieren –, die einfach schnuckelig ist, und man sollte nicht darauf verzichten.

Sie haben im Juni 1996 angekündigt, diese Frage einer rechtlichen Prüfung – wo auch immer – zuführen zu wollen. Wir warten seit zweieinhalb Jahren auf das Ergebnis dieser Prüfung. – Ich lade Sie ein, Ihre Opposition gegen die Meinung der Präsidialkonferenz, zahlreicher einander folgenden Präsidenten und der beiden Fraktionen, die über mehr Sitze in diesem Haus verfügen als Sie, überprüfen zu lassen, wenn Sie uns nicht glauben! – Gestützt auf das, das ich zitiert habe und das Präsidenten wiederholt zum Ausdruck gebracht haben, sehen wir dem mit größtmöglicher Gelassenheit entgegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.14


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