Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 137

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bungsstand richtig wiedergegeben, und er wurde in dieser Richtung dann auch weiter erhärtet, was sich auch bei der Untersuchung der Baumaterialien gezeigt hat.

Ganz anders, Herr Minister, was in den vorausgehenden Berichten zu diesem Punkt zu lesen war. Kollege Böhm und meine Wenigkeit haben in der 627. Sitzung des Bundesrates am 5. Juli vorvorigen Jahres folgende Feststellung getroffen: In dem Kapitel, das sich mit der Untersuchung zur Aufklärung der Briefbomben und Rohrbomben befaßt, heißt es in der "Bombenserie 2" auf Seite 155 zunächst einmal wörtlich – wie damals von Kollegen Königshofer zitiert –: "Zusätzlich zu den Fahndungs- und Ermittlungsschritten wurden zirka 350 Hinweise überprüft, 17 Hausdurchsuchungen und 28 Zellendurchsuchungen bei in Haft befindlichen Rechtsextremisten durchgeführt sowie 4 Telefonüberwachungen ..." – und so weiter. Es heißt dann weiter – ich lasse hier einiges aus –: "Es wurden alle in Österreich bekannten Personen der rechten Szene" – was ist das? – "zu ihrem Alibi verhalten." – Zitatende.

Das Ganze hat zu einer objektiven Sachinformation überhaupt nicht beigetragen, sondern die Ermittlungen wurden teilweise mit erheblichem finanziellen Aufwand in eine falsche Richtung geführt. Das ist das Unglaubliche! Kollege Richau hat diesen Vergleich getroffen, indem er gesagt hat, er versteht die Aufregung nicht: Da wird einer beim Autofahren angehalten, und dann wird der Führerschein überprüft. – Ich werde auf die Dinge noch genauer zu sprechen kommen. Das ist an und für sich unglaublich: Hier wurden Hunderte Personen diskriminiert! – Ich werde etwas länger reden, Herr Präsident. Ich bin erst beim ersten aufgezeigten Punkt.

Es hat in der Folge eine Hausdurchsuchung bei der "Aula" gegeben, bei der die gesamte Interessentenkartei beschlagnahmt wurde, wobei es zu besonderen Übermittlungen gekommen ist. Ich kann das nur so darstellen, denn ich will nicht unterstellen, daß die gesamte Interessentenkartei und die gesamte Bild- und Schriftkartei einer bestimmten Stelle zugegangen ist. Es hat in diesem Zusammenhang einen entsprechenden Bericht des DÖW, des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstandes, das hier sehr vielfältig tätig ist, gegeben, der als Grundlage für diese Hausdurchsuchung herangezogen wurde. Das möchte ich Ihnen ein wenig zu Gemüte führen.

Es heißt in diesem Entwurf: In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, Sprachwissenschaftlern, Psychologen, Zeitgeschichtlern wurde versucht, ein Täterprofil zu erstellen, das auf den vorliegenden Bekennerschreiben sowie auf der Auswahl der Opfer der Bombenanschläge basiert. Zusammengefaßt ergibt sich dabei folgendes Bild: Das politische Bewußtsein beziehungsweise das Geschichtsbild des Bekennerbriefverfassers ist geprägt von einer extrem deutschnationalen, ja geradezu germanisch-rassistischen Einstellung, die mit antislawischer und im besonderen antislowenischer Haltung korrespondiert.

Weiter unten heißt es: Es ist davon auszugehen, daß eine Person mit einem solchen Geschichtsbewußtsein nicht völlig isoliert existiert, sondern in ein politisch-gesellschaftliches Milieu eingebettet ist. Das politische und geschichtliche Bewußtsein muß ja von bestimmten Einflüssen publizistischer Art geprägt werden. Ein solches mit dem Täterprofil korrespondierendes Milieu ist im Umfeld der Zeitschrift "Aula" anzutreffen. Diese von einer Arbeitsgemeinschaft freiheitlicher Akademikerverbände herausgegebene, in Graz erscheinende Zeitschrift repräsentiert ein breites politisches Spektrum des Deutschnationalismus – in Klammer: vom Neonazismus bis zu demokratischen Positionen – und veröffentlicht immer wieder Aufsätze mit historischen Inhalten, denen ein deutschnationales Geschichtsbild zugrunde liegt. (Ruf bei der SPÖ: War das falsch?)

Was falsch ist, das werden wir erst sehen! Daß es da zu einer Untersuchung gekommen ist, daß eine Kartei beschlagnahmt wurde, daß Hunderte Personen, Kranke et cetera, in Voruntersuchungen befragt wurden, das ist das Ungeheuerliche! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Und jetzt geht es noch weiter: Das Bekanntwerden dieses Artikels, dessen Verfolgung nach § 383 StGB noch zu prüfen wäre, hat zur Distanzierung seitens Dr. Jörg Haider – hier ist dann der Konnex hergestellt worden; das ist extemporiert, was ich jetzt gesagt habe – und in der Folge zur Einstellung der Subventionen der Steirischen Landesregierung für die "Aula" geführt.


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