Bundesrat Stenographisches Protokoll 650. Sitzung / Seite 102

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Arbeit, Gesundheit und Soziales und an den Herrn Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie.

Da diese beiden Anfragen inzwischen allen Bundesräten zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Frau Bundesrätin Mühlwerth als erster Anfragestellerin zur Begründung der Anfragen das Wort.

16.04

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als die Freiheitlichen 1992 den Kinderbetreuungsscheck gefordert haben, der den Familien unabhängig vom finanziellen Druck die Betreuung ihrer Kinder organisieren helfen sollte, ist diese Idee, wie wir das gewöhnt sind, nahezu reflexartig auf Ablehnung von ÖVP und SPÖ gestoßen. Nicht finanzierbar!, hat es von seiten der ÖVP geheißen, und die SPÖ hat natürlich, ihrem alten Muster folgend, gesagt: Wir wollen nichts anderes, als die Frauen zurück an den Herd zu drängen.

Voriges Jahr haben dann die Mitglieder der ÖVP von Oberösterreich den ersten Schwenk gemacht. Man hat gesagt, so schlecht sei diese Idee des Kinderbetreuungsschecks nicht, vielleicht sollte man ihr nähertreten. Nachdem auch letztes Jahr schon hinlänglich bekannt war, daß heuer wieder Wahlen stattfinden werden, ist dann letzten Endes die gesamte ÖVP auf diesen Zug aufgesprungen. Nachdem das aber natürlich nicht "Kinderbetreuungsscheck", wie wir es genannt haben, heißen konnte, hat man sich etwas eigenes einfallen lassen und hat ein "Karenzgeld für alle" gefordert.

Da ist natürlich prompt die SPÖ auf den Plan getreten und hat es zurückgewiesen. Keine sinnvolle Idee!, hat es geheißen, von der Mütterprämie ist gesprochen worden, Irmgard Schmidleithner hat sogar von einem sozialen Verbrechen an den berufstätigen Frauen gesprochen. "Völlig unzumutbar!", "Steinzeitliches Frauenbild!" und "Zurück ins 19. Jahrhundert!" hat es geheißen, und ähnliches mehr.

Das muß man natürlich auch unter der Prämisse sehen, daß gerade die SPÖ diejenige ist, die immer sagt: Es ist ganz wichtig, daß Beruf und Familie vereinbar sind, und daß möglichst alle Frauen berufstätig sein sollten.

Wie schaut aber die Berufstätigkeit der Frauen im allgemeinen aus? – Wir sprechen nicht von denjenigen, die Karriere machen, die gut verdienen. Das ist eine Minderheit, das ist nicht unbedingt die Mehrheit. Wir sprechen vom ungleicher Lohn – das geben Sie selbst immer wieder zu. Auch bei Ihrer letzten Klubklausur ist von den SPÖ-Frauen dieses Thema wieder angesprochen worden. Trotz 30jähriger Regierung ist es Ihnen nicht gelungen, diesbezüglich irgend etwas zu verbessern. Es sind oft minderqualifizierte Tätigkeiten, die Frauen ausüben, und sie sind daher natürlich auch schlecht bezahlt. All das geht einher mit einer Doppelbelastung der Frauen – Beruf und Familie –, weil auch im häuslichen Verband die Hauptlast nach wie vor von den Frauen getragen wird.

Immer mehr Familien sind unter Ihrer Regierungspolitik, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, an die Armutsgrenze oder unter die Armutsgrenze gerutscht. 420 000 Personen werden als "arm" definiert, sagt der "Bericht zur sozialen Lage" von 1997. Davon müssen 27 Prozent, also mehr als ein Viertel, mit einem Pro-Kopf-Einkommen von unter 5 000 S ihr Auslangen finden. 60 Prozent derer, die als "arm" definiert sind, nämlich der Kinder, müssen mit einem Pro-Kopf-Einkommen in der Höhe von unter 6 000 S leben.

Diese Zahlen zeigen sehr deutlich, daß es nicht immer so ist, daß die Frauen arbeiten wollen. Es gibt viele, die es wollen. Ich will das überhaupt nicht bestreiten, und ich möchte ihnen das auch gar nicht nehmen, aber die Zahlen zeigen schon, daß es notwendig ist, daß die Frau auch mitverdient, weil die Familie sonst nicht das Auslangen finden kann. Es hat immer wieder Umfragen gegeben, bei denen eine deutliche Mehrheit der Frauen auf die Frage: Würden Sie zu Hause bleiben wollen, wenn Sie es sich leisten könnten?, gesagt hat: Ja, wenn ich es mir leisten


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