Bundesrat Stenographisches Protokoll 652. Sitzung / Seite 34

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Professor Böhm. – Bitte.

13.07

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Der heute zu beschließenden Vorlage wird meine Fraktion im Interesse der vom weit überhöhten Benzinpreis betroffenen Bürger ihre Zustimmung geben. Das Gesetz selbst wirft freilich größte Bedenken auf. Und ich verhehle nicht, daß ich es für ein weiteres markantes Beispiel für einen höchst leichtfertigen und respektlosen Umgang mit unserer Bundesverfassung von seiten der Regierungsparteien und der sie im Parlament tragenden Mehrheit halte.

Weshalb bedurfte es wieder einmal einer umfassenden Verfassungsbestimmung? – Die Gründe liegen auf der Hand. Die geplante Ermächtigung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten überschreitet nicht nur dessen alleinige Kompetenz, sondern sie ist auch nicht rechtsstaatlich, denn sie entzieht den betroffenen Unternehmern jeden Rechtsschutz. Und Rechtsschutz kommt auch jemandem zugute, der nicht rechtmäßig handelt. Sie verletzt sowohl das Grundrecht der Erwerbsfreiheit als auch den Gleichheitsgrundsatz. Neuerlich wird das genannte Gesetz der nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof entzogen. Darauf hat dankenswerterweise bereits Herr Präsident Weiss hingewiesen.

All das ist auch mit einem sogenannten Notrecht nicht zu begründen, von dem Herr Abgeordneter Dr. Khol gesprochen hat. Mich wundert, daß er, der Erfinder des sogenannten Verfassungsbogens, nicht überhaupt gleich den Staatsnotstand ausgerufen hat. Hier handelt es sich weit eher um einen Notstand der Regierung!

Warum wird hier eine reine Lenkungsmaßnahme getroffen, wie sie ausschließlich einer staatlichen Zwangsverwaltungswirtschaft gemäß ist, die aber nicht mit einer echten Marktwirtschaft vereinbar ist? – Auch darauf fällt die Antwort nicht schwer: Weil es diese Regierung völlig versäumt hat, für jene Rahmenbedingungen zu sorgen, unter denen ein echter Wettbewerb im Bereich der Mineralölwirtschaft stattfinden kann.

Denn es gibt ja nur zwei Alternativen, wenn es zu einer volkswirtschaftlich unbegründeten Preisbildung kommt: Entweder der Konsument und somit der Markt nehmen den Preis nicht an, oder aber es handelt sich um ein Preisdiktat, das aus einer Monopol- oder zumindest Oligopolstellung resultiert und über Kartellabsprachen der dafür verantwortlichen Unternehmen erfolgt.

Im Fall der OMV, die den Mehrwert abschöpft und lukriert, liegt unverkennbar die zweite Alternative vor. Was haben Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, kartellrechtlich dagegen unternommen? – Wenn Sie kein Vertrauen mehr in die eigene Kartellbehörde haben – Sie rufen sie nicht einmal mehr an! –, dann muß ich Sie fragen, warum Sie diese bis heute nicht endlich reformiert und zu einem effizienten Kontrollorgan umgestaltet haben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sind doch die Ihnen nahestehenden Sozialpartner, die das Kartellgericht lahmlegen, die aus ihm ein Quasi-Gericht gemacht haben, das nicht einmal seinen Namen verdient!

Offenbar interessiert die parlamentarische Mehrheit auch gar nicht, daß über die verfassungsrechtlichen Bedenken hinaus zudem – auch das wurde dankenswerterweise von Kollegen Weiss bereits gesagt – ein evidenter Verstoß gegen grundlegende EU-rechtliche Bestimmungen vorliegt – in einem Bereich, in dem wir normalerweise die Vorzugsschüler in vorauseilendem Gehorsam sind.

Wir kündigen daher bereits heute an, daß es zu einer Befassung der EU-Organe, gegebenenfalls des Europäischen Gerichtshofes der Gemeinschaften, kommen wird, vor denen ein solcher Eingriff in die Marktfreiheit und das Diskriminierungsverbot durch staatliche Intervention und Regulierung keinen Bestand haben wird.


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