Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 27

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Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Laut Universitätsprofesor  Fritsch, Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses, wird die Steuerreform 2000 das österreichische Budgetdefizit im kommenden Jahr von bisher erwarteten 1,7 Prozent des BIP auf 2,2 bis 2,3 Prozent des BIP in die Höhe treiben.

Durch die Steuerreform ist es nicht gelungen – entgegen den Zielen –, dieses strukturelle Defizit abzubauen. Im Gegenteil. Meine Frage lautet: Wie sehen Sie die Gefahr, daß das strukturelle Defizit dem Wirtschaftsstandort Österreich besonders in konjunkturell schlechteren Zeiten schadet?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich habe der Bemerkung des Herrn Universitätsprofessors Fritsch, des Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses, nichts hinzuzufügen, außer daß er wahrscheinlich recht haben wird.

Ich habe vorhin ausgeführt, daß Steuerreform und Beschäftigungspolitik und Konsolidierungskurs in Einklang zu bringen sind. Wir haben das Ziel, bis zum Jahr 2002 ein nationales Defizit von 1,4 Prozent zu erreichen. Daher ist es notwendig, daß Sparsamkeit gerade auch im Bereich der Verwaltung, bei Verwaltungsabläufen, aber auch in anderen Bereichen praktiziert wird. Da gehören meiner Meinung nach auch die Finanzausgleichsverhandlungen dazu. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir auf Dauer bestimmte Fonds haben, die überproportional zum anderen Budget wachsen, und manche Regierungsmitglieder in der peinlichen Situation sind, alle Jahre nachdenken zu müssen, was sie mit zusätzlichen 1,5 bis 2 Milliarden machen. Das ist einem Konsolidierungskurs abträglich, und darüber wird man reden müssen.

Das hat übrigens auch der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen gesagt. Wir haben im Finanzausschuß des Nationalrates darüber geredet, und ich werde diese Diskussion weiterführen, weil da auch sehr kreative Vorschläge der Oppositionsparteien eingebracht worden sind, und ich will auch auf deren Kreativität nicht verzichten.

Es ist nämlich falsch, daß aufgrund der Geschichte Dotierungen von Fonds irgendwo an irgendwelche Einnahmen angebunden sind, die sich überproportional gegenüber dem gesamten Budget entwickeln. Denn was bedeutet das? – Es bedeutet, daß anderswo noch stärker gespart werden muß, und das ist, so glaube ich, nicht der richtige Kurs.

Ich bin der Meinung, daß wir mit einem klugen und solidarisch zwischen den Gebietskörperschaften auszuhandelnden Finanzausgleich auf dem richtigen Wege sind, wobei ich jetzt nicht mißverstanden werden will: Ich will den Ländern nichts wegnehmen, damit sich der Bund etwas erspart, denn für die Darstellung des nationalen Defizits ist das nämlich egal – das ist ein Sack, das ist der andere Sack –, sondern wir müssen gemeinsam sparen. Ich weiß, daß ich da durchaus manche Partner habe, aber ich weiß auch, daß es bei manchen etwas schwieriger wird. Mit Sparsamkeit steht man nämlich in der Zeitung nicht so gut da. Kreativität, die Ausgaben verursacht, ist überschriftenträchtiger. Aber ich glaube, daß der Finanzausgleich ein geeignetes System und Verfahren ist, weil wir in einem gemeinsamen Boot sitzen.

Wir haben auch den innerösterreichischen Stabilitätspakt. Es ist nämlich nicht nur die Republik Österreich der Europäischen Union beigetreten, sondern auch die Länder und Gemeinden, denn wir gehören zusammen. Daher haben wir auch die Ziele des österreichischen Stabilitätspaktes gemeinsam zu erfüllen, und da gehören auch die Fonds dazu. Denn auch die Fonds und auch die Sozialversicherung sind ein Teil der Darstellung der öffentlichen Finanzen – der Defizite, des Schuldenstandes und ähnliches mehr.

Ich bin da nicht so pessimistisch, obwohl natürlich eine Vorwahlkampfzeit eine denkbar schlechte Zeit ist, um so etwas emotionslos zu diskutieren. Aber es wird auch eine Zeit danach geben, und auf die bereite ich mich vor. (Heiterkeit.)


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