Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 37

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Wir kommen nun zur 10. Anfrage, die Herr Bundesrat Freiberger stellt. Ich bitte ihn um Verlesung.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1030/M-BR/99

Ist der Umfang der Steuerreform ausreichend, um die kalte Progression auszugleichen?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Nach Analysen des IHS, das in seinen Analysen Berechnungen des Finanzministeriums meistens eher kritisch gegenübersteht, sind Effekte der kalten Progression seit der letzten Tarifanpassung im Jahr 1994 mit etwa 6 Milliarden Schilling inklusive 1998 angenommen worden. Da die Steuerreform erst im Jahr 2000 in Kraft tritt, muß man auch das Jahr 1999 mitrechnen – dabei möchte ich außer acht lassen, daß natürlich Inflation und kalte Progression schon in einem ursächlichen Zusammenhang stehen und die Inflationsrate derzeit recht niedrig ist –, daher gehe ich davon aus, daß der Effekt vielleicht bei 10 Milliarden Schilling liegen wird. Die Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerzahler wird 17 Milliarden Schilling ausmachen, sodaß ich glaube, ohne Übertreibung feststellen zu können, daß die kalte Progression durch die Lohnsteuerreform, die mit 1. Jänner 2000 in Kraft tritt, mehr als abgegolten wird. – Selbstverständlich vorausgesetzt, daß das Parlament das beschließt.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Kollege Freiberger! Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister! Wie beurteilen Sie die soziale Ausgewogenheit dieser Steuerreform?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Es war für mich immer ein ganz wichtiger Aspekt, daß Steuerpolitik natürlich auch angewandte Gesellschaftspolitik ist. Das ist jetzt gar nicht politisch dogmatisch, sondern das ist eine ganz realistische Feststellung. Steuerpolitik ist massiv angewandte Gesellschaftspolitik, denn wer wieviel Steuer zahlt, ist eben auch eine Frage eines politischen Weltbildes. Das steht überhaupt nicht zur Diskussion.

Ich bin sehr froh, daß sich die Koalitionsregierung darüber verständigt hat, den Aspekt der sozialen Ausgewogenheit bei dieser Steuerreform in besonderem Maße zu berücksichtigen. Ich habe schon bei einer der vorherigen Fragen gesagt, daß dies beispielsweise gerade bei der Lohn- und Einkommensteuerreform dadurch zum Ausdruck kommt, daß Einkommensbezieher bis 20 000 S 60 Prozent des gesamten Volumens, also 11 Milliarden Schilling, bekommen werden, und zwar deshalb, weil man sich künftig schon relativ bald, nämlich bei einem monatlichen Bruttoeinkommen in der Höhe von 13 000 S, jährlich 4 000 S Steuern ersparen wird. Jemand, der 30 000 S monatliches Einkommen hat, wird sich 5 000 S im Jahr ersparen, und jemand, der über 41 000 S oder 100 000 S oder 1 Million Schilling im Monat verdient – die Höhe ist dann völlig Wurscht –, wird sich nur 7 000 S Steuern im Jahr ersparen können.

Das heißt, es sind die kleinen und mittleren Einkommen in besonderem Maße berücksichtigt worden. Das hat einen wirtschaftspolitischen Grund – ich habe immer wieder betont, daß das für mich gar nicht so sehr ein ideologischer Grund ist als vielmehr ein wirtschaftspolitischer –, nämlich Ankurbelung der Inlandsnachfrage, und das hat einen immens sozialpolitischen Grund, weil ich glaube, daß das vor allem den Beziehern kleiner Einkommen zugute kommt, somit sehr vielen Frauen, sehr vielen Alleinerzieherinnen, denn diese befinden sich in dieser Einkommensgruppe.


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