Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 39

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Der Finanzdienstleistungssektor ist, wie es unbestrittenerweise der Fall ist, durch neue Informationstechnologien und Kommunikationsformen, speziell auch im europäischen Kontext durch Österreichs EU-Mitgliedschaft und den Euro geprägt. Auch spielen natürlich Größenvorteile im Finanzdienstleistungssektor vermehrt eine ganz entscheidende Rolle. Großfusionen im internationalen Banken- und Versicherungswesen unterstreichen, wie ich meine, diese Tendenz sehr eindrucksvoll.

Kleinere Mitspieler in diesem Bereich – die Wiener Börse zähle ich dazu – können sich, wie ich meine, in diesem Umfeld nur durch fokussierte Differenzierung und die Bildung von Allianzen behaupten. Das ist auch der Weg, der hier eingeschlagen worden ist, denn unter diesen Voraussetzungen sind eben die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet und zum Teil schon abgeschlossen worden, zum Teil befinden sie sich in der Umsetzungsphase.

Ich möchte nur einige beispielhaft nennen: Dazu gehört etwa, daß im Börsenrecht die Grundlagen für die Übernahme der Leitung der Wiener Börse durch ein privates Unternehmen geschaffen worden sind, weiters die Fusion von Kassa- und Terminmarkt, die Kooperation mit der Deutschen Börse AG, die Übernahme des Handelssystems Xetra, der Börsenverbund und damit die technische Anbindung an paneuropäische Börsennetze und ähnliches mehr.

Ich glaube, daß die Zukunft zeigen wird, daß die Kooperation mit der deutschen Börse wichtig ist, daß eine bestimmte Drehscheibenfunktion in die mittelosteuropäischen Staaten zumindest eine Chance darstellt, aber daß wir selbstverständlich durch die Maßnahme, die wir gesetzt haben – also mit der Konzentration auf diese beiden Kernkompetenzen, nämlich eine liquide Heimatbörse Wien für Unternehmen aus Österreich und eine mittel- und osteuropäische Börse in einer engen Zusammenarbeit mit der deutschen Börse zu sein –, durchaus eine, wie ich meine, erfolgreiche Nischenstrategie versuchen.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall.

Eine Zusatzfrage wird aber vom Herrn Bundesrat Grillenberger gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Johann Grillenberger (SPÖ, Burgenland): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wird es durch die Börsenreform einen breiteren Zugang der Allgemeinheit zu Börsen geben?

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: An und für sich ist das eine fast strategische Frage. Ich meine, Aktiensparen ist in Österreich nicht sehr weit verbreitet. Das hängt vielleicht mit der Geschichte zusammen. Manches wird in anderen Ländern anders gesehen. Wir haben auch nicht gerade einen durchschlagenden Erfolg mit dem Versuch, klein- und mittelbetrieblichen Börsenhandel zu betreiben.

Ich glaube, daß hier bestimmte Entwicklungen abgewartet werden müssen beziehungsweise auch eine entsprechende Informationspolitik gemacht werden muß. Um das zu präzisieren: Eine Prognose, ob sich der kleine Mann künftig an der Börse bewegen wird, möchte ich hier eigentlich nicht abgeben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage wünscht Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Dient die Verlängerung der Spekulationsfrist bei Wertpapieren auf der Börse vulgo Aktiensteuer – bitte beachten Sie, wie ich hier abgekürzt habe – der Verbesserung der Bonität des Wiener Börsenplatzes, oder ist das eine tolle Förderungsaktion etwa für Schweizer Banken?


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