Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 99

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lediglich festgestellt, daß bei Einkommen über 700 000 S und Unterhaltsverpflichteten über 19 Jahren die geltende Regelung der Familienbesteuerung nicht ausreicht.

Für mich ist es zumindest legitim – aber das sage ich ungesichert, weil es innerhalb der Koalition nicht akkordiert ist; aber ich habe das Recht, durchaus auch meine Meinung zu sagen –, darüber nachzudenken, ob es nicht gescheit wäre, auch die Familienbesteuerung sozial zu staffeln, denn ich meine, langfristig werden wir mit dem Gießkannenprinzip Probleme bekommen.

Aber eines muß ich Ihnen schon sagen: Die Korrektur nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hätte bedeutet, daß sie das Budget 700 Millionen Schilling kostet – 700 Millionen Schilling hätte das gekostet! Aber was hätte es bedeutet? – Es hätte bedeutet, daß der Generaldirektor für einen studierenden Sohn 6 000 S im Jahr und die alleinerziehende Mutter nichts bekommen hätte. Ich möchte es jedoch aus gesellschaftspolitischer Sicht nicht so haben! Da mir jedes Kind gleich viel wert ist, muß auch das Kind der Hilfsarbeiterin und der Alleinerzieherin 6 000 S bekommen (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP), und dadurch sind diese 12 Milliarden entstanden! – Dazu bekenne ich mich, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir machen jetzt eine Steuerreform mit 17 Milliarden Schilling an Tarifsenkungen – 17 Milliarden Schilling! Es wird jetzt in einer Art historischen Glorifizierung die Steuerreform 1989 – das habe ich schon von einigen Persönlichkeiten der Politik gehört – als große Steuerreform hervorgehoben, aber auch jene von 1994. Bei allem Respekt: Das waren gute Steuerreformen – sie sind auch von sozialdemokratischen Ministern vorgeschlagen worden; na selbstverständlich! (Heiterkeit bei der SPÖ)  –, aber die Entlastung der Steuerreform 1989 betrug 10 Milliarden, die Entlastung der Steuerreform 1994 waren 14 Milliarden, die Entlastung der Steuerreform 2000 wird aber allein im Lohnsteuerbereich 17 Milliarden betragen! Kompensiert mit der Familienbesteuerung ist das die größte Entlastung, die es je bei einer Steuerreform seit 1945 – selbst unter Berücksichtigung des Index – gab! Dann von einem Reförmchen zu reden, dazu gehört Mut. Aber das überlassen wir Ihnen, reden Sie weiterhin von einem Reförmchen.

Es ist falsch, zu sagen, daß keine strukturellen Maßnahmen gesetzt wurden. Das möchte ich hier doch bestreiten, denn wenn man faktisch Freibeträge für Berufsausbildung gibt, wenn man lebenslanges begleitendes Lernen steuerlich absetzbar macht, wenn man steuerliche Regelungen auch als einen Mosaikstein für Forschung und Entwicklung betrachtet, um die Zielsetzung der österreichischen Bundesregierung, die Forschungsquote bis 2005 auf 2,5 Prozent anzuheben – ein Mosaikstein, das geht nicht mit einer Maßnahme allein; ich nehme an, daß Sie mir zumindest darin recht geben –, dann muß man feststellen, daß das strukturelle Maßnahmen sind.

Wenn man bei der Steuerreform davon reden kann, daß immerhin ein Drittel der österreichischen Unternehmungen die Umsatzsteuervorauszahlung nicht mehr leisten muß – für die kleineren, die damit größere Schwierigkeiten haben, ist das eine Erleichterung; ich bin für die kleinen, ja! –, kann man doch nicht sagen, das sei keine strukturelle Veränderung! – Natürlich hätte auch ich mir gewünscht, das für alle zu machen, aber es geht schlicht und einfach nicht – nicht aus Liquiditätsgründen – budgetpolitisch wäre das kein Problem; das ist nichts anderes als das Herborgen einer Umsatzsteuertranche auf die Dauer eines Monats –, sondern wegen des Maastricht-Schuldenstandes. Wenn Sie den Vorschlag machen, müssen Sie mir sagen, wie wir den Maastricht-Schuldenstand darstellen sollen. Das geht ganz einfach nicht, wir würden eine Kippe nach oben machen, und das kann ich auch aufgrund unserer völkerrechtlich verbindlichen Verträge im Hinblick auf die Maastricht-Kriterien nicht machen, wenn ich verantwortungsbewußte Politik mache.

Aber wir signalisieren doch ganz deutlich in die Richtung: Sobald der Schuldenabbau weiter über die Bühne geht, werden wir weitere Bereiche der 13. Umsatzsteuervorauszahlung "aufmachen" – dann eben nicht bis zur Grenze wie jetzt, sondern vielleicht um 50 Prozent mehr –, aber das geht nicht auf einmal! Wenn Sie behaupten, daß das auf einmal geht, dann kennen Sie sich entweder nicht aus, oder Sie sagen die Unwahrheit – eines von beiden trifft sicher zu.


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