Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 122

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ders unschuldige Dritte, etwa gemeinsame Kinder und von ihm betreute Anverwandte, indirekt gewissermaßen bestraft werden.

All dies galt es, zu erwägen, zwischen sehr verschiedenen Standpunkten einen vernünftigen Mittelstandpunkt zu finden, um sachgerecht und damit nach menschlichem Ermessen gerecht zu normieren. Dem Unterhaltsanspruch enge Grenzen zu setzen war zweifellos notwendig, wird aber Populisten nicht daran hindern, im laufenden Nationalratswahlkampf zu verkünden: Die Koalitionsparteien geben dem Alleinschuldigen einen Unterhaltsanspruch – unerhört so etwas!

Die gezogenen Grenzen stichwortartig: ein gemeinsames Kind oder ein betreuter Angehöriger, die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung, der nur befristete Unterhalt und ferner der für den Lebensunterhalt notwendige Lebensbedarf und als Voraussetzung zusätzlich die Zumutbarkeit und die Billigkeit.

Es handelt sich hier um einen mühsam errungenen Kompromiß, gewiß kein Grund zum Feiern oder kein Grund für einen der Regierungspartner, sich besonders zu freuen, aber ein Kompromiß – und Österreich fährt gut mit Kompromissen –, der nach unserem Dafürhalten Gesetz werden soll. Kein Glanzstück der Gesetzestechnik, aber ein Schritt in Richtung eines neuen, unseren Tagen angemessenen Ehescheidungsrechtes.

In diesem Sinne schlage ich vor, gegen den vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.06

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Repar. – Bitte.

16.06

Bundesrat Mag. Harald Repar (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Aus sozialdemokratischer Sicht möchte ich zur vorliegenden Änderung des Ehegesetzes und anderer Gesetze grundsätzlich festhalten, daß es sich aus meiner Sicht um einen mühsam errungenen Kompromiß handelt. Nach jahrelangen Diskussionen ist es gelungen, einige Schritte in Richtung eines modernen Eherechtes zu setzen.

Es ist sicherlich ein schwieriges Unterfangen, legistisch eine faire Lösung für jeden einzelnen Scheidungsfall zu finden. Die vorliegende Gesetzesänderung hebt besonders den Schutz für den sozial schwächeren Teil der Ehe hervor. Es ist aber auch ein Schritt in Richtung größerer Gleichberechtigung, ein Schritt in Richtung Zerrüttungsprinzip im Eherecht.

Durch den Ausbau des Gleichbeteiligungsgrundsatzes konnte auch eine Anpassung des Eherechtes an die Gegebenheiten einer modernen Gesellschaft erreicht werden. So kann nunmehr beispielsweise eine Frau von ihrem Beruf als Hausfrau in einen anderen Beruf wechseln, ohne sich damit in die Gefahr zu begeben, möglicherweise einen Zerrüttungsschritt oder einen Scheidungsgrund zu liefern.

Natürlich ist es enorm schwierig, im Falle einer Scheidung eine gerechte Lösung zu finden oder diese gerechte Lösung legistisch vorwegzunehmen. Einerseits geht es darum, den sozial schwächeren Teil der Ehe nach der Trennung einigermaßen sozial abzusichern. Es ist doch in den allermeisten Fällen so, daß die zurückbleibende Frau, möglicherweise auch mit einem oder mehreren Kindern, nach langer Abwesenheit vom Arbeitsmarkt größte Probleme hat, sich selbst und die Kinder finanziell über die Runden zu bringen. Die aktuellen Armutsstatistiken beweisen dies auch deutlich. Hier ist es die Pflicht des Gesetzgebers, für eine Absicherung des schwächeren Teils nach einer Trennung zu sorgen.

Ich habe aber auch für die heute hier vorgebrachten Einwände Verständnis, die Kritik an der Verpflichtung zum Unterhalt, völlig unabhängig vom Verschuldensprinzip, zum Inhalt hatten. Gerade für den betroffenen Ehepartner mag es durchaus auch sehr schwer verständlich sein, trotz eigener Unschuld an der Trennung nun quasi zu einer finanziellen Unterstützung des


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