Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 139

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gestehe jedem Zeitungsherausgeber, sogar Ihnen, zu, daß er das demokratische Grundprinzip der Wahrung der Freiheit des Journalisten und der Journalistin auch für sich selbst in Anspruch nimmt. (Bundesrätin Haunschmid: Aber nicht mit der Presseförderung!)

Was Sie mit Ihren Formulierungen getan haben, ist kein kleines parteipolitisches Hickhack, Herr Kollege Gudenus, denn Sie haben Ihrer ganz persönlichen und somit auch politischen Haltung keine Maske aufgesetzt, sondern sich vielmehr die Maske selbst abgenommen. Sie haben formuliert, daß es einen Zusammenhang zwischen der Pressefreiheit und der Presseförderung gibt. Sie haben gesagt, daß jene, die der Presse Förderungen zukommen lassen, auch die Meinung dieser Presse bestimmen. – Das ist eine ganz schlimme Unterstellung! (Bundesrat Weilharter: Damit haben Sie ein Problem! Das ist ein Problem, das Sie damit haben! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ihre Kollegen regen sich jetzt lauthals auf, Sie geben mir recht und nicken. (Bundesrat Mag. Gudenus: Nein!) Ich denke, Sie haben vielleicht nachgedacht. (Ruf: Der Gudenus denkt nicht!)

Zweiter Punkt: Es ist eine Ungeheuerlichkeit, Kollege Mainoni, und Sie diskreditieren und diffamieren den freien Journalismus und die Journalisten und die Journalistinnen – ob das jetzt "Der Standard", die "Krone", die "Kleine Zeitung" oder von mir aus dieses "Zur Zeit" ist –, wenn Sie sagen, daß sich die Journalisten des "Standard" die Meinung der Geldgeber "aufdrücken" lassen. (Bundesrat Dr. Bösch: Sie verwechseln das! Das ist ein Mißverständnis, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es steht Ihnen nicht zu, die Freiheit des Journalismus in Österreich mit Füßen zu treten und freie Journalisten und Journalistinnen insofern zu beschimpfen, als Sie ihnen unterstellen, daß sie in ihren Medien nicht freie Meinungsäußerung wiedergeben, sondern daß sie befehlsempfangende Lakaien sind. Diese Befehlsempfänger mag es vielleicht in Gruppierungen geben, möglicherweise leider auch in politischen Gruppierungen (Bundesrätin Mühlwerth: Zum Beispiel bei euch!), aber zum Glück nicht im Bereich des österreichischen Pressewesens. (Beifall bei der SPÖ.)

Dritte Bemerkung: Es ist nicht die SPÖ, es ist nicht die ÖVP, die unverhohlen am Bildschirm und im O-Ton einen starken und ganz klar ausgesprochenen Zusammenhang zwischen ihrem Selbstverständnis und dem Umgang mit der Freiheit von Medien von sich gegeben hat. Es ist die FPÖ und der derzeitige Landeshauptmann, der für jeden – ich denke, Sie werden ihn doch wohl bewundert haben – während der "Pressestunde" unverhohlen, nicht durch die Blume, sondern präzise formuliert hat: Presseförderung wird es nur dann geben, wenn die Presse willens ist, den Kinderbetreuungsscheck zu puschen und ihm zu helfen, diesen umzusetzen. – Das ist direkte Abhängigkeit! Das ist Meinungsmanipulation! (Beifall und Oh-Rufe bei SPÖ und ÖVP.)

Vierter Punkt: Soweit ich das überblicken kann – es steht mir kein Urteil zu, sondern das ist nur mein Eindruck –, hat keine andere demokratische Partei in der Republik Österreich kein klares Verhältnis zur Trennung von Politik und Meinungsmache, das heißt, zur Trennung von Politik und Journalismus.

Es ist niemand von der SPÖ, es ist niemand von den Grünen, es ist niemand von den Liberalen, es ist niemand von der ÖVP (Bundesrat Dr. Bösch: Das müssen Sie ziemlich oft wiederholen, Frau Kollegin!), der ein Medium benützt und dort zugegebenermaßen auch ganz gut verdient, indem er in einer Zeitung, nämlich der auflagenstärksten Zeitung, der "Kronen-Zeitung", zweimal Kolumnen schreibt – einmal feig unter einem Pseudonym –, nämlich Kolumnen, um jene Politik, die er selbst mitgestaltet – Sie wissen, um wen es sich handelt, nämlich um einen gewissen Herrn Mölzer –, zu bejubeln. Herr Mölzer legt in den Kolumnen der "Kronen-Zeitung" seine kuriosen – um es charmant zu formulieren – kulturpolitischen Positionierungen dar, um sie als Landeskulturbeauftragter, also quasi als freier Beamter des Herrn Jörg Haider, selbst zu bejubeln.

Das heißt, auf der einen Seite gibt er kuriose kulturpolitische Äußerungen von sich – das Land Kärnten und die Steuerzahler in Kärnten haben Millionen für diesen Vertrag zu bezahlen –, und


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