Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 122

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20.19

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Staatssekretäre! Ich nehme meine Vorrednerin bei allfälliger Kritik zu Wortmeldungen davor explizit aus, weil sich die letzte Wortmeldung tatsächlich auf die Sache konzentriert hat. Ich habe aus dem Inhalt Ihrer Wortmeldung und auch aus Ihrer Gestik und der Mimik empfunden, dass Sie ganz offensichtlich am allerwenigsten von einem Gewissen geleitet sind, das Sie nicht rechtfertigen können.

Ich sage jetzt zu Genossen Ledolter – ich bin sehr froh, dass am Anfang dieses Namens der Buchstabe "o" fehlt, da mir jetzt Genossin Leodolter eingefallen ist – und zu vielen anderen Kollegen vor allem von der ÖVP: Wenn man die Anzahl der Wortmeldungen von der ÖVP und die Anzahl der Wortmeldungen von der FPÖ und deren Vehemenz vergleicht, dann fällt einem Folgendes ein: Angriff ist die schlechteste Verteidigung im Sinne der politischen Kultur. Das heißt: Wer etwas vor sich selbst nicht rechtfertigen kann, muss es hundertmal wiederholen, um es selbst am Ende vielleicht doch nicht zu glauben. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. )

Herr Kollege Scheuch! Sie sind heute auffällig schweigsam, ebenso wie auch Herr Kollege Gruber aus Kärnten. Mir fällt nicht nur auf, dass Sie betreffend Semmering-Basistunnel zwar am 3. Februar im Kärntner Landtag einen Beschluss gefasst haben, sich heute hier aber der Abstimmung entzogen haben, sondern mir fällt auch auf, dass Sie sich auch zu dieser Regierung, zur Regierungskonstellation und zum Koalitionspaket bisher noch nicht zu Wort gemeldet haben. Das ist ziemlich interessant, Jörg Haider wird seine Freude haben.

Sie sind noch ein bisschen zu jung, aber Kollege Gruber ist mein Zeuge. Die Kärntner Minister sind jetzt nicht da, sonst wären sie es auch, denn wie Sie gemerkt haben, hat mir Elisabeth Sickl früher nicht widersprochen. – Zu Kollegen Ledolter: Die Kollegen von der ÖVP und leider auch Ministerin Gehrer beschimpfen letztlich die österreichische Jugend, die sich – ich zitiere – "die Frechheit herausnimmt", vom demokratischen Recht Gebrauch zu machen, sich an einer Demonstration zu beteiligen. – Das ist vorgekommen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. )

Jetzt kommt die Nervosität wieder aus der ganz anderen Ecke. Aber nur die ÖVP hat hier heute die Jugend – unter Anführungszeichen – "auch kollektiv kriminalisiert". Herr Kollege Scheuch müsste jetzt eigentlich grinsen. Herr Kollege Gruber! Ich gebe den ÖVP-Kollegen jetzt einen guten Rat: Sie kriminalisieren und beschimpfen die Jugend in Österreich, weil sie die Frechheit besitzt zu demonstrieren. Wissen Sie, was Haider macht? – Er geht derweil auf Stimmenfang, und zwar genau jener Jugendlichen, welche die ÖVP heute heftig attackiert hat.

Ich sage Kollegen Ledolter eines: Auch diese beiden demokratiemündigen Jugendlichen, die heute da hinten gesessen sind, auch 18-jährige GymnasiastInnen, können erstens Zeitung lesen, zweitens TV hören und sich drittens eine Meinung bilden. Wissen Sie, warum sie von dem Aufstand der Jugendlichen fasziniert sind? – Weil sie in eine österreichische Schule gehen und als Jugendliche sehr wohl merken, dass von Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit von Jahr zu Jahr weniger die Rede ist, weil wir mittlerweile in der Republik Österreich leider ... (Zwischenruf der Bundesrätin Haunschmid. ) – Nein! Unter Kreisky war das anders. (Beifall bei der SPÖ.) Unter Kreisky waren maximal 24 Kinder in einer Schulklasse, heute sind 36 Kinder in einer Schulklasse, und da sprechen wir nicht mehr von Chancengerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Das ist die Auswirkung der Integrationsarbeit!)

Diese Kinder sind an der Demokratie sehr interessiert, und sie wollten heute – ich sage es jetzt in ihrer Kinder- und Jugendsprache – ihre Chefin sehen, nämlich Ihre Ministerin. Was haben sie hier gehört? – Im Zusammenhang mit einem Flugblatt, das sie dort als Zuschauer der Demonstration nicht gesehen haben, wurden Zigtausende österreichische Jugendliche kollektiv beschimpft, dass sie sich die Frechheit herausnehmen, gegen diesen Bildungsabbau zu demonstrieren. Und sie wurden auch hier kollektiv beschimpft. Auch Herr Kollege Ledolter hat es getan. (Bundesrätin Haunschmid: Zigtausende waren es nicht! – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Diese Kinder haben Energieferien. Sie dürfen wohl Touristen in Wien sein.


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