Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 134

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Herr Finanzminister Edlinger hat in einer wichtigen und sehr sensiblen Phase der Regierungsverhandlungen, des Bemühens um eine Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP gemeint, dass er lieber seinen Hund als die ÖVP auf seine Wurst – gemeint ist wohl das Budget – aufpassen lassen würde. Das war aus seiner Interessenlage verständlich, denn sonst wäre wohl schon früher sichtbar geworden, dass gar keine Wurst mehr da ist (Heiterkeit bei Bundesräten der Freiheitlichen), ja im Gegenteil, dass wir aufschreiben ließen!

Die Länder haben in ihre Erwartungen auch eingeschlossen, dass sie nicht weiter geschwächt, sondern dass die Zusagen einer wirksameren Gewaltenteilung und tief greifender Reformen im Staatsgefüge endlich eingelöst werden. Die Bilanz der letzten Gesetzgebungsperioden war für die Länder bekanntlich bis auf den Konsultationsmechanismus klar negativ.

Das Regierungsprogramm bekennt sich erfreulicherweise zu einer klaren Trendwende. Das wird nicht nur am ausführlichen Kapitel "Bundesstaat" deutlich, sondern auch bei vielen anderen Vorhaben, die nicht mehr von Bevormundung, sondern von Kooperation und Dialog geprägt sind.

Die tatsächliche Umsetzung des Regierungsprogramms wird in diesem Bereich im Gegensatz zu den meisten anderen Programmpunkten weniger von den Regierungsparteien selbst als vielmehr von der SPÖ abhängen, weil ohne sie die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zu Stande kommen kann. Dabei hat sich die SPÖ selbst den Maßstab gegeben, an dem sie zu messen sein wird.

Hinsichtlich des Kapitels "Bundesstaat" entspricht das Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ nahezu deckungsgleich, bis auf ganz wenige Worte (Bundesrat Konecny: Nicht ganz unwichtige!), dem Verhandlungsergebnis von ÖVP und SPÖ für die dann nicht zustande gekommene Zusammenarbeit. Wenn das also keine Scheinverhandlungen und keine Scheinzugeständnisse waren, dann wird das, was gestern politisch richtig war, nicht über Nacht plötzlich sachlich falsch geworden sein können. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. d′Aron: Ja, das ist richtig!)

Der SPÖ-Verhandler Rudolf Nürnberger hat als Gewerkschaftsvertreter offen gesagt, dass er einen wichtigen, zentralen Punkt des Verhandlungsergebnisses zur Pensionsreform nicht mittragen könnte. Das verdient persönlichen Respekt, und dieser wurde hier auch schon von anderen Kollegen ausgedrückt. Der erste Verdruss ist mir allemal lieber als der letzte. Andere haben sich erst im Nachhinein geoutet und damit die Berechtigung der massiven Skepsis in die Tragfähigkeit des Reformwillens der SPÖ nachträglich bestätigt. Ich zitiere die Aussendung der "Parlamentskorrespondenz" über eine Pressekonferenz von Nationalratspräsident Fischer: "Er zeigte sich erfreut darüber, dass" – offenkundig mangels Zweidrittelmehrheit mit der SPÖ – "das Forderungsprogramm der Bundesländer ... nun endgültig ,beerdigt‘ werden könne." – Es ist erfreulich, dass in diesem Zusammenhang wenigstens die Regierungsparteien zur Unterschrift des früheren Bundeskanzlers Vranitzky stehen, wenn schon seine eigene Partei, oder jedenfalls der Nationalratspräsident, nichts mehr davon wissen will.

Natürlich ist völlig klar, dass die aus 1994 stammende Regierungsvorlage nicht einfach nur eingebracht und beschlossen werden kann. Wir sind heute um die Erfahrung von sechs Jahren reicher und gut beraten, darüber eine gründliche Diskussion zu führen. Das ändert aber nichts daran, dass aus dem seinerzeitigen Paket mehrere Punkte unverändert entscheidungsreif und dringend zu lösen sind. Ich erwähne nur die Verfahrensvereinfachung bei Betriebsanlagen, die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes durch Landesverwaltungsgerichte, die Einführung der Briefwahl und schließlich eine Bremse gegenüber einer ausufernden Verfassungsgesetzgebung außerhalb der Bundesverfassung. Hier ist keine Zeit zu verlieren. Es wird interessant sein zu sehen, ob die SPÖ zur ursprünglichen Ankündigung des bisherigen Klubobmannes Kostelka steht, Verfassungsgesetzen, die im Interesse des Landes seien, selbstverständlich zuzustimmen.


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