Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 53

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne sollte die gegenwärtige Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit als Chance gesehen werden, historische Hypotheken zu bewältigen, um sich von einer gesicherten und auf einer soliden Grundlage stehenden eigenen Identität den globalen Herausforderungen eines größeren Europas an der Schwelle zum 21. Jahrhundert stellen zu können. – Ich danke Ihnen schön. (Allgemeiner Beifall.)

11.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk. – Bitte.

11.53

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Frau Regierungsbeauftragte Dr. Schaumayer! Wenn wir nun – wahrscheinlich in ganz wenigen Minuten – hier in diesem Parlament einstimmig ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes beschließen werden, so darf dabei nicht unerwähnt bleiben, dass diese Beschlussfassung erst möglich wurde, weil es in der Vergangenheit in der Republik Österreich bedeutende Persönlichkeiten und verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker gegeben hat, die sich der Aufgabe und der Herausforderung gestellt haben, die Rolle Österreichs während des Nazi-Regimes nicht weiter zu tabuisieren, nicht weiter zu verklären, sondern der historischen Wahrheit und der historischen Wirklichkeit zum Durchbruch zu verhelfen.

Daher werden Sie verstehen, dass ich, wenn es heute auch darum geht, zu danken, politisch danke sage einem Bundeskanzler der Republik Österreich, nämlich Dr. Franz Vranitzky, der sich mit einer weltweit respektierten, historisch und politisch bedeutungsvollen Erklärung für Österreich verdient gemacht hat. Ich möchte hier auch erwähnen, dass das ein mutiger Schritt war, denn alle Zeitzeugen wissen, dass es nicht einfach und nicht undiskutiert war, als sich Dr. Franz Vranitzky, und zwar am 8. Juli 1991 im Nationalrat, erstmals auch zur Mitverantwortung Österreichs am nationalsozialistischen Regime bekannte, indem er ein Bekenntnis zu allen Daten und Taten unserer Geschichte, aus allen Teilen unserer Bevölkerung – zu den Guten wie den Bösen –, ablegte.

Aus Anlass des 50. Jahrestages der Wiedererrichtung der Republik Österreich wurde der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet, und zwar um an das unfassbare – wie es der junge Kollege von der ÖVP auch formulierte – und letztlich unermessliche Leid zu erinnern, das der Nationalsozialismus über Millionen und Abermillionen von Menschen – nicht nur in Österreich – gebracht hat.

Dieser Tatsache zu gedenken, bedeutet, auch heute ins Gedächtnis zu rufen, dass auch wir Österreicherinnen und Österreicher an diesen Verbrechen beteiligt waren.

Nach Einrichtung dieses Fonds hat die österreichische Bundesregierung, mit Bundeskanzler Viktor Klima an der Spitze, und zwar durch die Einsetzung der von Herrn Staatssekretär Morak bereits genannten Historikerkommission der Republik Österreich 1998, einen konsequenten und weiteren Schritt in Richtung Aufarbeitung der eigenen Geschichte gesetzt.

In diesem Jahr hat auch der Parteivorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Dr. Alfred Gusenbauer einen wesentlichen Teil zur Aufarbeitung der Geschichte der Parteien geleistet, indem er dazu aufgefordert und sich als Parteivorsitzender dazu auch bekannt hat, die braunen Flecken in den eigenen Reihen, in den eigenen Reihen aller Parteien aufzuarbeiten. Das ist ein mutiger und aktueller politischer Schritt. Auch Alfred Gusenbauer danke ich dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Richtigerweise wurde von allen Rednerinnen und Rednern vermerkt, dass es hiebei um eine Geste, um ein Zeichen, aber durchaus auch um finanzielle Entschädigung geht, die niemals "Wiedergutmachung" heißen kann, weil nichts in diesem Abschnitt unserer Geschichte wieder gutgemacht werden kann. Das befreit uns eben nicht davon, sondern dieses Wissen, dass wir nur Gesten und Zeichen setzen können, dass wir das auch für die Zukunft zu verantworten


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