Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 21

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Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Bundesminister! Gibt es Bestrebungen, die Qualifikation der als Masseverwalter zu bestellenden Personen beziehungsweise der Personen, die in Frage kommen, zu heben und damit insbesondere auch die Erfassung und Verwertung der Massevermögen sicherzustellen beziehungsweise in Zukunft effizienter zu ge-stalten?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Dieses Bestreben gibt es. Es ist natürlich von höchster Wichtigkeit, dass das Massevermögen nicht in unnötiger Form zerschlagen wird. Es ist sicherlich auch gut, wenn jemand sehr viel von Betriebsprüfung und nicht nur von der Analyse und von Bilanzen versteht, und es ist durchaus denkbar, dass in Zukunft auch Betriebsberater und Wirtschaftstreuhänder – wenn dies der Masse und ihrer Verwertung gut tut – beigezogen werden.

Wir haben vier Arbeitskreise im Ministerium, die das behandeln, und es wird in dieser Sache sicherlich im nächsten Jahr legistische Vorschläge von uns geben.

Präsident Johann Payer: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1114/M.

Die als verhindert gemeldete Bundesrätin Mag. Melitta Trunk hat gemäß § 63 Abs. 3 der Geschäftsordnung ihr Einverständnis bekannt gegeben, dass Frau Bundesrätin Johanna Schicker in das Fragerecht eintritt.

Ich bitte Frau Bundesrätin Schicker um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Frage lautet:

1114/M-BR/00

Warum forcieren Sie entgegen dem Rat zahlreicher Fachleute ein Modell der gemeinsamen Obsorge, das sich in Scheidungsfällen zum erheblichen Nachteil für die betroffenen Frauen und die Kinder auswirken wird?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Frau Bundesrätin! Es gibt kein Modell der gemeinsamen Obsorge. Ich bin sehr froh, dass ich auf diese Frage so deutlich antworten kann: Gemeinsame Obsorge ist ein Begriff, den wir im österreichischen Familienrecht nicht kennen und nicht praktizieren.

Tatsache ist, dass während aufrechter Ehe die Obsorge beider Elternteile besteht – beider Elternteile und nicht gemeinsam. Der Unterschied liegt darin, dass, wenn ein Reisepass beantragt wird, bei der gemeinsamen Obsorge nur beide gemeinsam auf das Passamt gehen könnten und bei der Obsorge beider Teile jeder Teil auf das Passamt gehen kann, jeder Teil eine Spitalsbehandlung verfügen kann, jeder Teil einen Schulbesuch veranlassen kann. – Das ist die Obsorge beider Teile, die bei aufrechten Ehen praktiziert wird.

Nun kommt es zur Ehescheidung, und sowohl nach meiner Erfahrung, aber auch nach der Erfahrung vieler Praktiker und Theoretiker wollen viele, wollen die meisten Elternteile im Falle einer Scheidung das Problem der Scheidung und die damit verbundenen Zerwürfnisse und Konfliktsituationen von den Kindern fern halten. Das tun sie in den meisten Teilen auch erfolgreich.

Das heißt, es ist ein Gebot der Praxis, aber auch der Menschlichkeit und des Erhaltes dessen, was von einer Familie trotz Scheidung übrig geblieben ist, diese erfolgreiche Form der Obsorge beider Teile nach der Scheidung durchzuführen. Das heißt, die Ehegatten, die geschieden sind,


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