Bundesrat Stenographisches Protokoll 669. Sitzung / Seite 20

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tenten. Wir haben beschlossen, eine Standortbereinigung vorzunehmen und eine Organisationsreform durchzuführen.

Wir haben zusätzlich eine "Universitäts-Milliarde" ins Leben gerufen, die aus den Studienbeiträgen finanziert werden soll. Somit geht dieses Geld an die Universitäten zurück. Wir alle sind natürlich dafür, den Studenten das bestmögliche Angebot zur Verfügung zu stellen und selbstverständlich möglich zu machen, dass sie zu den vorgesehenen Prüfungsterminen auch antreten können und so in die Lage versetzt werden, in möglichst kurzer Zeit ihr Studium zu absolvieren.

Wenn man bedenkt – wie OECD-Vergleiche zeigen –, dass in Österreich die Längststudierenden im Durchschnitt nach 7,3 Jahren ihr Studium schaffen, während es in der OECD im Durchschnitt 4,3 Jahre sind, und wenn man weiß, dass an unseren Universitäten, vor allem in Wien, oft mehr als 1000 Studenten in einem Hörsaal sitzen, und wenn man sieht, dass zurzeit das Angebot für die Studenten nicht entsprechend attraktiv ist, dann glaube ich, dass es höchst an der Zeit ist, eine grundlegende Universitätsreform anzugehen und durchzuführen, und zwar mit der Zielsetzung, das, was die Zukunft dieses Landes ist, möglichst schnell und mit möglichst hoher Qualifikation in das Arbeitsleben integrieren zu können. Wann sollen wir es sonst tun, wenn nicht jetzt? – Deswegen stehe ich voll und ganz dahinter und freue mich, dass wir diese Gesamtreform angegangen sind.

Präsident Johann Payer: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Frau Bundesrätin Mag. Melitta Trunk um ihre Zusatzfrage.

Bundesrätin Mag. Melitta Trunk (SPÖ, Kärnten): Herr Minister! Glauben Sie, dass der finanzielle Numerus clausus, den die Studiengebühren zweifelsohne darstellen, erstens eine Verbesserung der Ausbildung zum Akademiker beziehungsweise eine Verbesserung der akademischen Qualität in Österreich darstellt und zweitens den Zugang von Studierenden, weiblich wie männlich, erhöhen wird? – Wir wissen nämlich, dass Österreich eine erhöhte Quote von akademisch ausgebildeten Menschen braucht.

Präsident Johann Payer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Ich darf ein bisschen ausholen: Wir standen vor der Situation, dass die Arbeitsgruppe, die rund um Professor Mazal unter Beiziehung namhafter Sozialexperten dieses Landes zur Erarbeitung von Maßnahmen zur sozialen Treffsicherheit eingerichtet war, vorgeschlagen hat, die Familienbeihilfe für Studierende zu kürzen. Das hätte Einschnitte bis zu 30 000 S pro Jahr bedeutet.

Wir haben einen Weg vorgezogen, bei dem wir überzeugt sind, dass er ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und zur Leistungssteigerung unserer Universitäten ist. Ich sehe den Numerus clausus, den Sie ansprechen, ganz ehrlich nicht. Er kommt in den Neuinskriptionen an den Universitäten im heurigen Jahr auch nicht zum Ausdruck. Ein Beispiel: An der Universität Wien gibt es um 1 500 Inskriptionen mehr, als es im Vorjahr der Fall war.

Ich sehe es – ich sage es noch einmal – als eine notwendige Reform, denn wir wissen eines: So, wie unser Universitätssystem heute ausgelegt ist, funktioniert es nicht für die Studierenden in unserem Land. 43 Prozent der Studenten haben im letzten Jahr keine Prüfung gemacht und auch keine Übung besucht. 7,3 Jahre braucht man in Österreich, um ein Studium zu absolvieren, 4,3 Jahre braucht man in der OECD, und zwar im Durchschnitt der 28 entwickelten Industrienationen gesehen.

Wir kennen das Angebot, das wir alle zu Recht kritisieren. Ich bin dagegen, wenn Studenten keine Laborplätze bekommen, ich bin dagegen, wenn sie keine Prüfungstermine bekommen, ich bin dagegen, dass es keine entsprechenden Auflagen und Qualitätskontrollen, und zwar auch für Professoren, gibt. Ob ein Professor außerordentliche Leistungen erbringt, ob er im Umgang mit seinen Studenten und in der Vermittlung der Lehrinhalte besonders qualifiziert ist, spielt in Österreich bei der Honorierung der Leistungen der Professoren keine Rolle.


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