Bundesrat Stenographisches Protokoll 675. Sitzung / Seite 6

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Meine Damen und Herren! Ich behaupte, Sie kennen die Wartezeiten sehr genau, vielleicht wissen es jene nicht, die in diesem Prozess in der Regierung federführend waren, denn die werden kaum in die Situation kommen, ihre Behandlung selbst organisieren zu müssen. Herr Minister! Sie gestatten mir diese Bemerkung, aber ich gehe davon aus, dass, wenn Sie einen Arzttermin brauchen, Ihnen dieser zugestanden wird. Es dauert Monate – ich kann Ihnen das aus eigener Erfahrung sagen –, von Jänner bis Juli, bis man einen Termin bei einem Augenfacharzt hat. Hinterher stellt sich vielleicht heraus, dass das zwar ein Notfall war, weil die Person nach dem Besuch der Ambulanz stationär aufgenommen werden musste, aber die Person hat in der Zwischenzeit das Augenlicht verloren. Ich habe das vor wenigen Wochen selbst erlebt! – In dieser Situation kann die Ambulanzgebühr doch wohl keine Berechtigung haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, es ist auch nicht im Sinne der Spitalsärzte – Sie formulieren das auch –, wenn ein Großteil der Fälle in den Ambulanzen Nachbehandlungen sind, wenn dann eine mit höchster Kompetenz durchgeführte Behandlung im Krankenhaus dazu führt, dass die Nachbehandlung ein niedergelassener Arzt macht, der auf Grund der fehlenden Information und des Vorlaufes von vorne beginnen muss. Da entstehen natürlich auch entsprechende Kosten für den Sozialversicherungsträger, und insgesamt gesehen, glaube ich, wird die Sache auch von dieser Seite her bedenklich.

Eines möchte ich noch ganz deutlich hinzufügen: Die Ambulanzgebühr ist gewissermaßen die zusätzliche Einführung eines Selbstbehaltes, den wir ganz entschieden ablehnen, weil er nicht dem Gesetzgeberwillen entspricht, der bei der Einführung der sozialen Krankenversicherung die paritätische Beteiligung an den Kosten vorgesehen hat (Beifall bei der SPÖ), nämlich zwischen dem Versicherten und dem Dienstgeber. 85 Prozent der niedergelassenen Praxen sind nicht barrierefrei, das habe ich in meiner Berichterstattung schon ausgeführt. Das ist aber darüber hinaus auszuweiten, da es auch viele alte Menschen gibt, die nicht als behindert eingestuft werden können und dennoch mit diesem Problem zu kämpfen haben.

Alle diese inhaltlichen Fakten zeugen einerseits von sozialer Kälte, andererseits von einer Unkenntnis der damit verbundenen Abläufe. Führen Sie sich bitte nur einmal die Frage der Administration vor Augen, etwas, was im vom Verfassungsgerichtshof beeinspruchten Gesetz nicht vorhanden war: Wenn Sie diese Verschärfung jetzt noch mit in Ihre Denkprozesse einbinden, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass man auch nur mit gesundem Hausverstand zur Meinung kommen kann, dass das eine gerechtfertigte, sinnvolle Maßnahme ist. Ich muss Ihnen also andere Motive für den Beschluss dieser Gesetzesmaterie unterstellen.

Meine Damen und Herren! Ich würde Ihnen wirklich empfehlen – um Ihre politische Arbeit zu untermauern –, auch die Pressemeldungen Ihrer eigenen Parteifunktionäre, Abgeordneten, Mandatare nachzulesen und diese auch zu überdenken. Nicht "Speed kills", meine Damen und Herren, sondern Husch-Pfusch war das Motto bei der Entstehung dieses Gesetzes. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Gesetzesmaterie ist dilettantisch, undemokratisch und unsozial. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.) Alles, was sich rund um diese Gesetzwerdung abgespielt hat, war der Versuch, das zu verschleiern und Prozesse einzuleiten, die von der sozialdemokratischen Fraktion nicht zur Kenntnis genommen werden können. Wir werden diesem Gesetzentwurf deshalb natürlich nicht unsere Zustimmung geben.

Abschließend erlauben Sie mir noch, Herr Minister, dass ich Ihnen als optische Untermauerung sozusagen die nicht von mir gezeichnete – mir fehlt leider das künstlerische Talent – Zusammenfassung dieser Gesetzesmaterie überreiche. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Kainz überreicht Bundesminister Mag. Haupt, Bundesrat Dr. Böhm und Bundesrat Bieringer je ein Exemplar der Karikatur des Rettungswagens, das die SPÖ-Bundesräte auf ihren Plätzen stehen haben.)

11.24

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ludwig Bieringer. Ich erteile es ihm.


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