Bundesrat Stenographisches Protokoll 675. Sitzung / Seite 14

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Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass die Behauptung, dass das österreichische Krankenversicherungssystem 50 : 50 aufgeteilt ist, leider schon lange der Vergangenheit angehört und wichtige Verzerrungseffekte passiert sind.

Zu den Ambulanzgebühren nunmehr im Einzelnen: Wir erwarten uns selbstverständlich eine Reihe von Lenkungseffekten bei den Ambulanzgebühren, und ich darf Sie, sehr geehrte Frau Bundesrätin Kainz, darauf hinweisen, dass das Beispiel, das Sie im Zusammenhang mit Augenambulatorien und den dortigen Verzögerungen in die Diskussion gebracht haben, in Österreich leider auf Grund des Verschuldens des Hauptverbandes, der Sozialversicherungen und der Krankenversicherungen gang und gäbe ist. Es gibt von der Firma Novartis seit Jahren ein in sehr vielen europäischen Ländern – außer in Österreich durch den Hauptverband – zugelassenes Präparat, das Visodyne heißt und in der Lage ist, bei Makuladegenerationen den Verlust der Sehkraft zu verhindern. Auf Grund des Verhaltens des österreichischen Hauptverbandes und sehr vieler Krankenversicherungsträger in Österreich wird dieses Präparat in Österreich nicht anerkannt.

Das ist nur in Spezialambulanzen bei einigen wenigen niedergelassenen Ärzten möglich, wo man nach Aufsuchen der klinischen Ambulanzen auf dem Umweg über diese dann in den Genuss einer privaten Behandlung kommt, aber auf Grund der Verzögerungen vom Krankenanstaltenbereich in den niedergelassenen Bereich und retour oft 40 bis 60 Prozent Sehkraftverlust auftreten, die dann nicht mehr reparabel sind, weil man in den Ambulanzen der Krankenanstalten, in den Ambulanzen der eigenen Sozialversicherungsträger und in den Ambulanzen und in den Praxen der niedergelassenen Augenärzte dieses sinnvolle und gute Medikament, das im Übrigen auch noch in Österreich erfunden worden ist und im EU-Ausland von den meisten Krankenversicherungsträgern anerkannt wird, nicht anerkennt.

Ich glaube daher, wenn man Kritik innerhalb des Systems anbringt, so sollte man die Kritik nicht einseitig dort anwenden, wo einem etwas tagespolitisch nicht passt, sondern die gesamte Kritik des Systems aus Fairnessgründen mit in die Diskussion einfließen lassen. Es ist vieles in unserem System nicht in Ordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass, wenn hier heute die Rechtsdiskussion im Raum steht, der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1997 bereits erkannt hat, dass Gruppenpraxen in Österreich zulässig sind und das verabschiedet werden kann. Es ist damals in den Händen des Gesundheitsministers und Sozialministers gelegen, diese Gruppenpraxen in Österreich zuzulassen. Mit den Gruppenpraxen, wenn sie 1997 zugelassen worden wären, hätten wir viele von Ihnen, Frau Kollegin Kainz, zu Recht anerkannte Missstände im niedergelassenen Bereich beheben können.

Ich darf Ihnen weiters mitteilen, dass wir in Wien 26 Krankenanstalten, aber die geringste Anzahl von für Behinderte zugelassene niedergelassenen Praxen im Bereich der Chirurgen haben. Es gibt 54 Wiener chirurgische Arztpraxen, die behindertengerecht sind, im Verhältnis zu 26 Krankenanstalten.

Sogar im schlechtesten Fall, in dem die geringste Anzahl von niedergelassenen Ärzten behindertengerechte Praxen hat, ist die Anzahl der behindertengerechten chirurgischen Praxen noch doppelt so hoch wie die Anzahl der öffentlichen Krankenhäuser in Wien, in denen man Ambulanzgebühren zu zahlen hat.

Ich darf Sie weiters darauf hinweisen, dass mit Ausnahme von zwei Bundesländern Notregelungen, Abendregelungen und Regelungen für das Wochenende existieren, sodass die Lenkungseffekte im Regelfall sehr wohl vor Ort zielführend sind, weil die niedergelassenen Ärzte durchaus rund um die Uhr mit entsprechenden Not-, Nacht- und Wochenenddiensten anzutreffen sind. In zwei Bundesländern – das gebe ich zu – fehlen diese Regelungen, aber vielleicht werden die Ambulanzgebühren dazu führen, dass das, was gerade für den ländlichen Raum sinnvoll ist, nunmehr auch in diesen zwei Bundesländern erfolgen wird. Das würde zu einer deutlichen Besserstellung des ländlichen Raumes führen, als es heute der Fall ist, wenn dort Notdienste, Wochenenddienste und Feiertagsdienste vertragsmäßig vereinbart und auch umgesetzt werden,


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