Bundesrat Stenographisches Protokoll 675. Sitzung / Seite 30

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Wilhelm Grissemann das Wort. – Bitte.

13.04

Bundesrat Wilhelm Grissemann (Freiheitliche, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Es dürfte mir heute sichtlich das Temperament durchgegangen sein, und ich habe zweifellos einen unqualifizierten Zwischenruf getätigt. Ich möchte mich dafür bei Frau Kollegin Trunk in aller Form entschuldigen. (Allgemeiner Beifall.)

13.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich gehe davon aus, dass eine derartige Erklärung wirkungsvoller ist als ein Ordnungsruf, und sehe daher die Sache als erledigt an.

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Herbert Würschl das Wort. – Bitte.

13.05

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute bedauerlicherweise wieder über ein Thema, wie man zusätzlich bei den Österreicherinnen und Österreichern abkassieren kann. Auf diese Idee ist wieder diese Bundesregierung gekommen, und wir bedauern das außerordentlich.

In diesem Zusammenhang muss etwas erwähnt werden, vielleicht auch deshalb, weil ich Kärntner bin und den Herrn Bundesminister als Kärntner kenne: Der Herr Bundesminister ist relativ großzügig, so großzügig etwa, den Mitarbeitern 200 000 S zu bezahlen. (Der Redner hält ein großes Plakat mit dem Titel "FPÖVP-Skandalregierung" in die Höhe.)  – Sieht man das?

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Großzügigkeit des Herrn Bundesministers beschränkt sich aber nur auf sehr wenige, nämlich auf den Privilegiensumpf in der FPÖ und teilweise auch in der ÖVP. Dort wird das Geld beim Fenster hinausgeschmissen, und auf der anderen Seite kassiert man in Österreich bei Kranken und Unfallrentnern ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben derzeit in Österreich – das ist in der Statistik leicht nachlesbar – die höchste Steuerquote, wir haben die höchsten Massensteuern, und wir haben Neuerfindungen dort, wo wir bei den Österreichern neuerlich abkassieren können. Es gibt kein Zurückhalten etwa im Bereich der Unfallrentner, und es gibt auch kein Zurückhalten bei kranken Menschen. Es wird eine Bestrafungssteuer für das Kranksein eingeführt.

Es ist richtig, dass die Ambulanzgebühr wegen verfassungsrechtlicher Unklarheiten aufgehoben wurde. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, es ist sehr befremdend, wie in dieser Materie wieder drübergefahren wird. Es gibt bedauerlicherweise keine demokratische Kultur, und diese Arroganz ist für mich unglaublich.

Es hat heute von der Freiheitlichen Partei erst einen Redner gegeben, übrigens einen aus Wien – ich weiß nicht, sind die schon abhanden gekommen oder kommen sie doch wieder; ich weiß es nicht –, und ich bin auch neugierig darauf, wie sich die ÖVP-Fraktion heute verhalten wird, denn wenn ich hier lese, dass gewichtige Persönlichkeiten aus der ÖVP, nämlich der AK-Präsident aus Vorarlberg und der AK-Präsident aus Tirol, meinen, dass die Ambulanzgebühr ein "Topfen" wäre, dann bin ich sehr gespannt ob des Stimmverhaltens der Bundesräte aus diesen beiden Bundesländern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir bis heute nicht klar – ich sitze seit drei Stunden hier und habe zugehört –, welchen Sinn die Einführung der Ambulanzgebühr in Wirklichkeit hat. Es wird das Wort "Lenkungseffekt" gebraucht. Man will offensichtlich kranke Menschen von der ärztlichen Behandlung fernhalten. Meinen Sie das mit "Lenkungseffekt"?

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird auch der Verwaltungsaufwand entsprechend steigen. Ist das die Entbürokratisierung, von der Sie immer wieder reden? – Für mich ist das nicht fassbar.


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