Bundesrat Stenographisches Protokoll 676. Sitzung / Seite 93

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Dinge wie die Ambulanzgebühren –, an den Ergebnissen dieser Diskussion mangelt es derzeit. Das ist der Hauptgrund dafür, dass sich in der österreichischen Bevölkerung ein zunehmendes Maß an Unsicherheit breit macht.

Ich füge noch eines hinzu: Zu dieser Unsicherheit trägt auch bei, dass dieses an sich sehr dissonante Orchester auch des Dirigenten ermangelt. Es ist beim Neujahrskonzert der Wiener Phil-harmoniker eine alte Streitfrage, ob man den Kerl mit dem Taktstock braucht oder ob es genügt, dass einer auf der Geige mit vorspielt. Darüber wurde viele Jahrzehnte lang mit unterschiedlichen Betonungen und unterschiedlichen Resultaten diskutiert. In Bezug auf eine Bundesregierung gehe ich davon aus, dass ein Dirigent erforderlich wäre. Das wäre dem harmonischen Wirken zuträglich. Dieser Dirigent glänzt aber, sowohl in der Öffentlichkeit wie im Bundesrat, regelmäßig dann mit Absenz, wenn klare Worte gefragt sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Problem der Bundesregierung ist auch ein Problem Schüssel, der wahrscheinlich erkannt hat – ich schätze ihn in mancher Hinsicht doch, nämlich als einen sehr intelligenten Menschen –, dass man nicht das eine und gleichzeitig das Gegenteil davon behaupten kann; aber das genau wäre von einem Bundeskanzler, der versucht, diese Regierung zusammenzuhalten, auch pausenlos verlangt. Daher verschweigt sich der Herr Bundeskanzler, um die Bruchlinien dieser Regierung nicht allzu deutlich werden zu lassen. Ich nehme an, dass der Herr Staatssekretär eine Antwort vorträgt, die mit dem Herrn Bundeskanzler abgestimmt ist. Ich bin daher sehr gespannt, ob wir hier das hören werden, was von Seiten des Bundeskanzlers nicht öffentlich gesagt wurde, aber durch konkludente Handlungen irgendwie erkennbar wurde, oder ob wir eine neuerliche "Verschmierungstherapie" geliefert bekommen.

Wir sind der Meinung, dass die Regierung – was in ihrer Personalpolitik selten der Fall ist – einmal einen guten Griff gemacht hat, und wir würden es im Interesse dieses Landes und seiner Stellung im europäischen Einigungsprozess sehr bedauern, wenn es zu einer Demontage käme. Noch mehr allerdings würden wir es bedauern, wenn dieser Zustand der Verunsicherung und der Unklarheit wie auf vielen anderen Gebieten auch auf diesem Gebiet weiter andauern würde. Wir sehen daher mit Interesse und Spannung den beiden Antworten entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.16

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der an den Herrn Bundeskanzler gerichteten Anfrage erteile ich in dessen Vertretung Herrn Staatssekretär Franz Morak das Wort. – Bitte.

16.16

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Der Umstand, dass ich heute an der Seite der Frau Vizekanzlerin den Herrn Bundeskanzler vertreten darf, ist darauf zurückzuführen, dass dieser heute bei einem Erweiterungssymposium in Graz zusammen mit Ministerpräsidenten Drnovšek und zusammen mit dem Regierungsbeauftragten Busek tätig ist – das möchte ich nur vorneweg sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Bundesrat Marizzi: Weiß das Herr Westenthaler? Herr Westenthaler weiß das nicht!? – Bundesrat Konecny: Der hat ihm eine offizielle Entschuldigung mitgegeben!)

Ich sollte an dieser Konferenz ebenfalls teilnehmen und über Kulturfragen, die im Zusammenhang mit der Ostererweiterung beziehungsweise mit den MOEL-Staaten stehen, referieren, habe es aber vorgezogen – wie es üblich ist –, hier vor diesem Gremium zu erscheinen. Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Ihre Anfragen zu beantworten.

Ich möchte allerdings schon sagen, dass es sehr bedauerlich ist, dass wichtige Fragen der Erweiterung der Union um die Nachbarstaaten Österreichs und um weitere Länder von manchen nicht als Chance und große Herausforderung begriffen werden, sondern zum Wechsel kleiner politischer Münzen gebraucht werden. Diese Ebene der Behandlung hat sich dieses Thema, wie ich meine und wie wir meinen, nicht verdient.

Die Bundesregierung begreift die Erweiterung jedenfalls als historische Möglichkeit, die künstliche Trennung Europas durch den Eisernen Vorhang endgültig zu überwinden und Europa wie


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