Bundesrat Stenographisches Protokoll 676. Sitzung / Seite 127

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gehen, was nicht wirklich befriedigend ist. Aber in den größten Teilen Österreichs ist klar: Die Bezirkshauptstadt ist der Ort, an dem ich unter anderem rechtliche – verwaltungsrechtliche, zivilrechtliche, strafrechtliche – Angelegenheiten erledigen kann. Ich halte das für die wirkliche Mindestanforderung, die dort erweitert werden muss, wo wir die geographisch bedingten Sonderfälle haben. Darüber ist – das würde ich unterstellen – mit jedem Landeshauptmann, aber auch mit jeder Oppositionspartei ernsthaft zu reden.

Herr Bundesminister! Nicht die Tatsache, dass hier ein Instanzenzug gestrafft wird – wir haben das in der Diskussion kaum berührt, weil das ein anderes Thema ist –, nicht die Tatsache, dass es unter dem Strich weniger Bezirksgerichte oder Eingangsgerichte geben wird, ist unser Kritikpunkt, sondern der Kritikpunkt besteht darin, dass man dieses Thema nicht nach dem Motto angehen kann: Verlangen wir null, dann werden 64 herauskommen; verlangen wir 64, dann werden 99 herauskommen. Dazu ist mir das Thema zu ernst. Die Viehhändler-Methode – zerreißen wir es in der Mitte! – ist meiner Ansicht nach nicht der richtige Umgang mit den Landeshauptleuten in Bezug auf die Justizstandorte.

Daher wäre ein argumentierbares, durchdachtes Konzept – das auch nicht ohne Proteste über die Bühne ginge –, das auf alle diese Spezifitäten unseres Staatsgebietes – diese kennen die Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern besser als ich – Rücksicht nimmt, ein wirklicher Beitrag.

Da Sie uns eingeladen haben, darf ich das mit allem Charme umdrehen: Nein, wir laden Sie ein, mit Überlegungen wiederzukommen, die wir gemeinsam als Vertreter eines föderalistischen Staates und der Bürgernähe billigen können. Da geht es nicht um billiges Kleingeld, da geht es auch nicht um Egoismen von Bürgermeistern, sondern da geht es um die Interessen der Menschen in diesem Land! Vielleicht finden wir eine Basis, uns darauf zu verständigen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Professor Peter Böhm zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.47

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Angesichts der vorgerückten Stunde widerstehe ich mannhaft der Versuchung, noch in die Sachdebatte einzutreten, obwohl mir diese naturgemäß auch vom eigenen Fach her sehr am Herzen läge.

Was ich aber nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen kann, ist der politische Vorwurf an den Herrn Justizminister, dass die Anfragebeantwortung nicht korrekt erfolgt sei. Das finde ich für ungerecht, und das kann ich nicht so im Raum stehen lassen.

Ich habe bei alldem Verständnis für die Kontrollrechte einer Opposition – wobei das nicht ein reines Recht der Opposition ist – und auch Verständnis dafür, dass ich aus der regionalen Sicht eines Bundeslandes heraus nähere Informationen bekommen möchte. Aber dafür erscheint mir die ganze Debatte, die heute stattgefunden hat, unter einem Aspekt doppelbödig: Ich kann nicht auf der einen Seite dem Justizminister vorwerfen, dass die politische Vorgangsweise taktisch die falsche Reihenfolge war. Man hätte sich, wenn man schon weiß, dass die Kompetenz so ist, dass auf Grund des Verfassungsübergangsgesetzes 1920 die Landesregierungen ein Zustimmungsrecht haben – also, wenn Sie wollen, ein absolutes Vetorecht haben –, zuerst mit ihnen auseinander setzen und dann erst sein eigenes Konzept entwickeln sollen. – Das war der eine Vorwurf.

Auf der anderen Seite hat der Justizminister in der Anfragebeantwortung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er eben in solche Verhandlungen eintreten muss. Er kann ja nicht mit fixen Vorgaben den Verhandlungspartner sozusagen präjudizieren! Denn so – das wissen Sie selbst am besten – geht man nicht in Verhandlungen. Sie würden auch vom Dienstgeber nicht erwarten, dass er Ihnen im Rahmen einer Anfrage klarlegt, welche Vorstellungen er in Bezug auf die


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