Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 16

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Präsident Ing. Gerd Klamt: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Herr Bundesminister! Können Journalisten nach derzeitiger Gesetzeslage die rechtliche Verfolgung eines allfälligen Amtsmissbrauches durch Weitergabe von der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglichen Aktenstücken und allenfalls auch die eigene Anstiftung zum Amtsmissbrauch nicht ohnehin dadurch verhindern, dass sie sich auf ihr Redaktionsgeheimnis berufen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Im Prinzip zeigen Sie eine Fallgruppe auf, die ich bejahend beantworten muss. Das heißt, sie können sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen.

Ich möchte aber gleichzeitig klarstellen, dass Journalisten genauso wie alle anderen Berufsgruppen, auch wenn sie in manchen Bereichen eine Sonderstellung haben, natürlich den österreichischen Gesetzen unterworfen sind – wie alle Österreicher und sonstigen Personen, die sich im Land aufhalten, auch.

Es gibt im Übrigen keinen Journalisten-Paragraphen. Auch § 56, der im Entwurf vorliegt – seit dem Jahr 1998 unverändert im Text –, ist kein Journalisten-Paragraph. Er wendet sich nicht gegen Journalisten im Besonderen. (Bundesrat Würschl: Gegen wen dann? – Ruf: Das ist eine Zusatzfrage!)

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Wie wollen Sie eine ausgewogene Balance zwischen den Rechtsgütern der Presse- und Medienfreiheit einerseits sowie des Rechtes jedes Einzelnen auf Datenschutz und auf ein faires und unabhängiges Verfahren andererseits erreichen?

Präsident Ing. Gerd Klamt: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Diese ausgewogene Balance ist, so möchte ich sagen, das seit jeher Ziel jedes Gesetzgebers, wobei die Richtlinie im Artikel 10 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgegeben ist.

In diesem Artikel 10 ist vorgesehen, dass der Gesetzgeber zum Schutz bestimmter Rechtsgüter einfachgesetzliche Regelungen – ich formuliere das jetzt einmal praktisch – schaffen kann, zum Beispiel zum Schutz des Amtsgeheimnisses, zum Schutz der Persönlichkeitsrechte, die auch einen gesonderten Schutz in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention genießen.

Der österreichische Gesetzgeber hat mehrfach den Begriff der "schutzwürdigen Interessen" verwendet, zum Beispiel seit 1993 im § 7a des Mediengesetzes. "Schutzwürdige Interessen" bedeutet, dass zum Beispiel die Medienfreiheit, bei aller Hochachtung, die wir haben, und bei der Notwendigkeit, die wir ihr einräumen, die Medienberichterstattung eben auch auf die Interessen Dritter, unbeteiligter Dritter vor allem, und die Intimsphäre und Privatsphäre Rücksicht nehme sollte – und auch tut. Wir haben auch den Ehrenkodex der österreichischen Presse, der dies ausdrücklich vorsieht. Jene Journalisten, mit denen ich gesprochen und diese Thematik erörtert habe, haben immer erklärt, und zwar ausschließlich erklärt, solche Fälle der Intimsphäre und der Privatsphäre würden sie ohnedies berücksichtigen.

Das heißt aber nicht, dass der Gesetzgeber dieses Spannungsfeld übersehen darf. Dieses Spannungsfeld besteht in der Presse- und Informationsfreiheit einerseits und im Persönlichkeitsschutz andererseits. Ich betone, dass nicht daran gedacht ist, die Rechte der Presse, der Journalisten oder der Medienfreiheit in irgendeiner Form einzuengen. Aber: Regelungsvorschläge wird man noch machen dürfen.


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