Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 32

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Ein weiteres Beispiel: Von 150 Teilnehmern des Unteroffizierslehrgangs waren gar nur neun im Ausland, und nach der zweijährigen Dienstzeit, die diese Zugsführer zu leisten haben, waren nur weitere vier bereit, Auslandseinsätze zu übernehmen.

Ich glaube, man muss daraus Lehren ziehen. Die Bereitschaft der österreichischen Berufssoldaten zu Auslandseinsätzen ist sehr gering. Man muss offen sagen, dass unser Beamtensystem gerade für diese Einsätze nur bedingt tauglich ist. Ich habe versucht, mich in diese Situation hineinzudenken. Vielleicht ist das Herausgerissensein aus dem zivilen Umfeld – aus der Familie, aus der Geborgenheit der heimatlichen Umgebung – ein Grund dafür, obwohl der Soldat selbst bestimmen kann, wann und wo er seinen Einsatz macht.

Unser Ziel müsste es deshalb sein, die Betreuungskomponente der im Ausland befindlichen Soldaten, insbesondere ihres zivilen Umfeldes, anzuheben und ihnen mehr Information über diejenigen aus ihrem Umfeld, die in der Heimat geblieben sind, zu geben. Ich denke an die Ehegatten – in den meisten Fällen ist es die Ehegattin –, oder ich denke an die Kinder, die Familienangehörigen, die Verwandten, die Bekannten und die Freunde. Dort sollten wir über Wert, Ziel und Bedeutung dieser Auslandseinsätze mehr informieren. Dann wird es, so glaube ich, auch mehr Verständnis für diese Fragen und Themen geben.

Meine Damen und Herren! Wenn es aber nicht gelingt, die Bereitschaft der Berufssoldaten für Auslandseinsätze von derzeit nur 20 auf vielleicht 40 oder 50 Prozent anzuheben, dann müssen wir überlegen, ob wir Auslandseinsätze in Zukunft überhaupt noch effizient und erfolgreich durchführen können.

Da ich ein konsequenter Verfechter des Prinzips der Freiwilligkeit bin, halte ich nichts von einem Marschbefehl und davon, dass jemand auf Knopfdruck ins Ausland geschickt wird. Ich bin ein Verfechter des Prinzips der Freiwilligkeit und glaube deshalb, dass wir die Motivation und das Umfeld dieser Personen wesentlich verbessern müssen.

Geschätzter Herr Bundesminister! Ein konkreter Vorschlag dazu wäre, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung überlegt, jede Kommandanten- und Stabsfunktion von einem vorausgehenden, mindestens sechs Monate dauernden Auslandseinsatz abhängig zu machen, getreu dem Prinzip "Ausbildung vor Einteilung", sodass dem Heer gut ausgebildete Kommandanten zur Verfügung stehen. Zukünftig sollte es im österreichischen Bundesheer keinen Kommandanten ohne Auslandserfahrung mehr geben.

Dasselbe gilt für Berufsunteroffiziere: Bevor die Beförderung in eine C-wertige Funktion erfolgt, soll ein Auslandseinsatz nachgewiesen werden. Neben der körperlichen und geistigen Fitness soll zukünftig auch Auslandserfahrung ein Kriterium dafür sein. Zu dieser Personalsteuerungsmaßnahme ist nicht einmal ein neues Gesetz erforderlich.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es geht schlicht und einfach darum: Was will die Firma Österreich von ihren Bediensteten, oder was will die Firma Bundesheer von ihren Beschäftigten? – Friedenssicherung und Friedenserhaltung in Europa und in der Welt sind internationale Anliegen. Deshalb muss unser Bundesheer international wettbewerbsfähig sein und den Veränderungen in Europa und in der Welt auch bei der Personal- und Karriereplanung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rechnung tragen, um Auslandseinsätze in Zukunft effizient und verlässlich erfüllen zu können. Letztlich geht es darum, den Veränderungen in Europa – insbesondere seit 1989 – und in der Welt auch darin, die Personalsteuerungsmaßnahmen des Bundesheeres entsprechend einzusetzen, Rechnung zu tragen. – Ich danke (Beifall bei der ÖVP.)

11.06

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Theodor Binna. Ich erteile ihm das Wort.

11.06

Bundesrat Theodor Binna (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich im Namen der sozialdemokratischen Fraktion bei allen Soldaten, die im Ausland und im Assistenzeinsatz an der Grenze Dienst tun,


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