Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 46

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Ich zweifle nicht an dem guten Willen des Herrn Bundesministers, ich zweifle auch nicht am guten Willen des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung. Ich gehe davon aus, dass manche Schwächen in diesem Gesetz, welches wir Freiheitliche heute auch mit beschließen, im Laufe der Zeit beseitigt werden, denn jedes Gesetz, welches einen Neubeginn in einer gewissen Art und Weise darstellt, zeigt manch legistische oder formalistische Schwächen, die im Laufe des Gesetzesgebrauchs durch gute Einsichten in die Materie geändert werden können.

In diesem Sinne wünsche ich dem Gesetz und denen, die es gemacht haben, viel Glück. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Das seid aber ihr selbst!)

12.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

12.07

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass man einem Gesetz zustimmt und gleichzeitig dermaßen viele Schwächen feststellt, wundert mich – das nur an die Adresse meines Vorredners gerichtet. Sie haben in Ihrem zweiten Teil eigentlich nur mehr Mängel um Mängel um Mängel aufgelistet. Aber das müssen Sie mit Ihrem Gewissen vereinbaren, wie Sie das machen. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Kollege Schöls hat gesagt, es wundere ihn, dass zwei Militärgesetze mit großer Einhelligkeit beschlossen wurden und es bei diesen beiden Gesetzen ganz anders läuft. Der Unterschied ist, dass die ersten beiden Gesetze der Neutralität zu Gesicht gestanden sind und die Neutralität geehrt haben, diese beiden Gesetze aber die Aushöhlung der Neutralität, die scheibchenweise Zertrümmerung der Neutralität fortsetzen – und das hätten Sie drüberschreiben müssen. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

Sagen Sie doch der Bevölkerung ehrlich: Wir wollen das Neutralitätsgesetz verändern! – Sagen Sie es offen und ehrlich! Aber Sie wissen, warum Sie es nicht tun, denn Sie werden ein klares Nein zur Antwort bekommen! (Bundesrat Mag. Gudenus: Die Sozialdemokraten haben ... ausgehöhlt! Das ist ja schon geschehen, Herr Kollege! Da können wir ja nichts mehr ändern!) 66 bis 75 Prozent der österreichischen Bevölkerung halten an der Neutralität fest. Aber Sie beschädigen diese Neutralität heute substanziell. (Bundesrat Mag. Gudenus: Sie ist beschädigt! – Bundesrat Dr. Nittmann: Seit 1. 1. 1995! – Rufe bei der SPÖ – in Richtung Freiheitliche –: Stimmt ja nicht!)

In Hinblick auf die Neutralität ist es mit Sicherheit in den letzten zehn Jahren – ich bin froh, dass es bei der Sozialdemokratie auch zu einer Haltungsänderung gekommen ist, denn wir wissen noch, wer die Unterschrift unter die Petersberger Papiere gesetzt hat – zu einer politischen Änderung und Umorientierung gekommen. Das muss man akzeptieren.

Nur: Das heutige Gesetz, diese beiden Vorlagen, die Sie heute beschließen, gehören zu den schwersten Beschädigungen der Neutralität. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sagen Sie es! Sagen Sie es! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ. – Bundesrat Mag. Gudenus: Sie ist ja schon beschädigt!)

Ich erinnere die ÖVP, es war Alois Mock, der der Öffentlichkeit garantiert hat – das war dann auch der Grund, warum die Volksabstimmung positiv ausgegangen ist –, dass EU-Beitritt und Neutralität vereinbar seien. (Bundesrat Würschl: Das war ein christlicher Pharisäer!) Heute wollen Sie von dieser Garantie-Erklärung nichts mehr wissen. (Ruf: Pharisäer!) Das ist so, als ob sich eine Versicherung im Garantiefall, im Versicherungsfall zurückzieht. Und dieser Garantiefall ist im Falle der Neutralität jetzt die europäische Sicherheitsdebatte, die Findung einer neuen europäischen Sicherheitsstruktur – und die Neutralität ist der unverwechselbare und eigenständige Beitrag Österreichs für die europäische Sicherheitspolitik der Zukunft.


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