Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 50

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dann, wenn man dieser Meinung ist, als aufrechter Demokrat nicht die entsprechenden verfassungsrechtlichen Wege beschreitet. Ich halte das für einen Vorgang, der zumindest den Anschein der Doppelzüngigkeit hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da Figl genannt wurde, möchte ich noch einige Punkte zur Neutralität sagen: Erstens: Bereits mit dem UNO-Beitritt Österreichs im Dezember 1955 hat es eine Weiterentwicklung der österreichischen Neutralität gegeben. Ich darf alle, die den Geschichtsunterricht intensiv genossen haben, darauf hinweisen, dass einer der führenden Verfechter dieses UNO-Beitritts eben jener genannte Figl war.

Zweitens: Während des zweiten Golfkrieges Irak-Kuwait 1990/91 hat sich in Österreich – und zwar gemeinsam! – die Rechtsauffassung durchgesetzt, dass die Verpflichtung zur Durchführung von Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Vorrang vor Neutralitätsverpflichtungen zukommt. Das ist nicht ein Ergebnis der jetzigen Diskussion, sondern das war damals das Ergebnis einer intensiven Diskussion im Parlament und in der Öffentlichkeit über unsere Verpflichtungen – Das war 1990/91!

In der Folge wurden Überflugs- und Durchfuhrgenehmigungen auf Grundlage der Resolutionen des Sicherheitsrates erteilt; und somit wurden auch das Bundesgesetz für die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial sowie § 320 des Strafgesetzbuches, nämlich jener Paragraph der Neutralitätsgefährdung, bereits damals novelliert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss auch eines sehr klar dazu sagen: Es wurde damit nicht nur sozusagen das Neutralitätsverständnis weiterentwickelt, sondern es wurden auch die entsprechenden rechtlichen Parameter dazu weiterentwickelt, so wie es eine moderne dynamische Gesellschaft auch zu Recht versteht.

Dritter Punkt: Die selbstverständlich einschneidendste Änderung in der Weiterentwicklung der österreichischen Neutralität ist mit dem österreichischen EU-Beitritt am 1. Jänner 1995 in Kraft getreten, als wir den Vertrag von Maastricht und damit auch dessen Bestimmungen über eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik übernommen haben. Ich brauche hier nicht auf Artikel J.4 zu verweisen, in dem die Perspektive einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, eröffnet wurde. Auch dies wurde in der bereits angesprochenen Volksabstimmung im Vorfeld klar dargestellt und vom österreichischen Volk auch eindrucksvoll bestätigt.

Ich brauche viertens nicht auf den Artikel 23 der österreichischen Bundesverfassung hinzuweisen und verweise nachfolgend – fünftens – auf den Vertrag von Amsterdam, an dessen Zustandekommen Österreich als EU-Mitglied bereits mitgewirkt hat und der selbstverständlich hier im Parlament mit ratifiziert worden ist, in dem auch als Ziel eine schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik klar genannt wurde. Anlässlich der Ratifizierung dieses Vertrages hat im Übrigen der Nationalrat den erwähnten Artikel 23f noch einmal weiterentwickelt und noch einmal angepasst.

So weit die Punkte zur österreichischen Neutralität, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Was jetzt die beiden vorliegenden Novellen betrifft, so darf ich festhalten, dass wir damit eine Kompetenzbereinigung durchgeführt haben, die derzeit vier Bundesministerien befasst, die Anhörung des BKA entfällt. Mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung werden wir anstelle des Einvernehmens direkten Kontakt und Anhörung pflegen, aber wir werden selbstverständlich, in Prüfung der gesetzlichen Kriterien, insbesondere der Menschenrechtssituation, unverändert und in besonders heiklen Fällen den Rat für Auswärtige Angelegenheiten weiter befassen. Auch der Verfassungsdienst ist ein wichtiger Informant und Einflussnehmer auf unsere Entscheidungen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Zum Zweiten: Wir haben die Verankerung von internationalen Berichtspflichten vorgenommen. Herr Bundesrat Schennach! Das ist heute für Sie die erste Sitzung, und daher habe ich auch Verständnis dafür, dass die volle Information noch nicht so gegeben sein kann, aber es ist einfach nicht richtig, dass das Parlament in einer anderen Art und Weise – Sie meinten sogar in minderer Qualität – informiert werden würde, als irgendwelche internationalen Berichtspflichten,


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