Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 61

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Warum hier dermaßen restriktiv vorgegangen wird, ist mir als politischem Menschen unverständlich, denn ich halte es für wichtig, dass gerade von der Mehrheitsbevölkerung ein klares Zeichen an die Regional- oder Minderheitensprachen gesetzt wird.

Eines, Herr Staatssekretär, verstehe ich überhaupt nicht: Ihre Ablehnung der Anerkennung der burgenländischen Kroaten in Wien als autochthone Volksgruppe. Das ist ein Faktum!

Einzelne Punkte dieser Charta werden sehr wohl für die Tschechen in Wien, für die Slowaken in Wien, auch für die burgenländischen Roma in Wien angewandt, aber den burgenländischen Kroaten in Wien verweigern Sie hier diese wichtige Anerkennung. Frau Kollegin Auer hat es vorhin schon ausgeführt, wie lange die Geschichte der burgenländischen Kroaten in Wien ist. Seit 1934 besteht der kroatische Kulturverein in Wien.

Abschließend noch etwas, was mich bedrückt: Wenn wir heute der Ratifizierung dieser Charta einstimmig zustimmen, dann möchte ich, liebe Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ, schon an die Worte, die im Zusammenhang mit der Volkszählung aus Kärnten gekommen sind, erinnern. Der Kärntner Landeshauptmann hat in einer Rede vor dem "Kärntner Heimatbund" von einer "schleichenden Slowenisierung" gesprochen beziehungsweise vor einer "schleichenden Slowenisierung" gewarnt (Bundesrat Weilharter: Waren Sie dabei?), sodass wir nun ein Neuaufflackern der Ortstafeldebatte haben. Ich denke, das darf nicht der Geist sein, in dem wir uns heute einstimmig hinter diese Charta stellen. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

13.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Schicker. – Bitte.

13.18

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass die kulturelle Vielfalt ein überaus wertvolles Kulturerbe für ganz Europa darstellt, und das ist als solches in den Gemeinschaftsverträgen auch anerkannt.

Eine der wichtigsten Ausdrucksformen dieser kulturellen Vielfalt sind die Sprachen, einschließlich der Minderheiten- oder Regionalsprachen, da sie ein lebendiges Kulturerbe darstellen, dessen Gebrauch auf alle Lebensbereiche der Bürger ausstrahlt.

Nicht umsonst wurde auch das Jahr 2001 sowohl von der Europäischen Union als auch vom Europarat zum "Europäischen Jahr der Sprachen" erklärt, in dessen Rahmen alle Sprachen als gleichwertig anerkannt wurden.

Aber gerade im Bereich der Minderheitensprachen ist der Europarat immer wieder auf gewisse Schwierigkeiten gestoßen, da die Unterstützung mancher Mitgliedsländer nicht besonders groß war und die Ratifizierung der Charta deshalb auch eine unendliche Geschichte wurde.

Auch in Österreich – man braucht es nicht zu verschweigen – hat sich der Zeitraum von der Unterzeichnung im Jahre 1992 bis zur Ratifizierung durch das Parlament auf neun Jahre erstreckt. Die Ratifizierung ist aber erst der Anfang, die Umsetzung muss nun raschest vorangetrieben werden.

Aus diesem Grund gilt nämlich nicht nur ein Diskriminierungsverbot hinsichtlich der Benutzung dieser Sprachen, sondern "es geht" in erster Linie auch "darum, im Rahmen des", wie es in der Charta heißt, "Zumutbaren und Möglichen" – auch ein "Gummiparagraph", dessen Bedeutung man nicht genau definieren kann – "die Benutzung der Regional- oder Minderheitensprachen" vor allem "im Bildungsbereich und in den Medien sicherzustellen und ihre Benutzung im Justiz- und Verwaltungsbereich, im Wirtschafts- und Sozialleben sowie bei kulturellen Tätigkeiten" zu fördern. – So heißt es, so wurde es in der Charta formuliert.


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