Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 75

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Wenn diese Sprache jetzt in unseren Schulen Einzug halten soll, dann hoffe ich, dass meine Tochter diese Form der Politischen Bildung nicht mehr miterleben muss, aber es wird ihr nicht erspart bleiben, denn mit 13 muss sie noch einige Jahre in die Schule gehen. Wir werden sehen. Jedenfalls: Politische Bildung hat einen News-Wert ohne Inhalt.

Der dritte Punkt ist die Integration. Der Kollege vor mir hat das ausgesprochen, was das schlechte Gewissen dieser Gesellschaft und auch der Politik ist. Sie, Herr Kollege, haben gesagt, Integration solle gemacht werden, aber es solle keine Zwangsbeglückung geben. Sie wissen nicht, was das heißt! Sie wissen wirklich nicht, was das heißt!

Wir haben an meiner Schule, in meiner Handelsschulklasse – um das auch aufzuklären: ich habe eine 40-prozentige Lehrverpflichtung –, das Wagnis auf uns genommen, einen Schüler, der nicht behindert ist, also kein ASO-Sternderl oder sonst irgendetwas hat, in unserer Schule aufzunehmen. Er hat bloß ganz kleine Probleme in der Konzentration, im händischen Umsetzen, das heißt bei Steno, Maschinschreiben und ein bisschen am PC. Sofort wird mein Direktor gefragt, warum wir behinderte Kinder in der Handelsschule aufnehmen, sofort wird davon gesprochen, dass die Eltern das Kind zwangsbeglücken. Wissen Sie, was der Punkt ist? – Ob es Zwangsbeglückung ist, ob das Kind in dieser oder jener Schule gut oder nicht gut untergebracht ist, das ist nicht alleinige Entscheidung der Eltern, der Kinder, sondern das ist auch ein Versuch. Das heißt, eine eindeutige Zuordnung gibt es weder für hyperintelligente Kinder noch für so genannte verhaltensgestörte Kinder – das Wort ist mittlerweile auch missbraucht –, noch für körperlich oder anders behinderte Kinder.

Das heißt, Integration muss maximalen Freiraum für gute Arbeitsmöglichkeiten bieten, und bei der Integration ist es so wie bei der Schule: Man muss den Mut haben, etwas zu versuchen und zu probieren.

Zum letzten Punkt, zur Handschlagsqualität: Frau Ministerin! Ich hätte es nicht angesprochen, wenn Sie – ziemlich unüblich für Ihre sonstige Form der Präsentation – hier nicht gesagt hätten – Sie haben es sehr vermieden, dabei in Richtung der SPÖ-Opposition zu schauen –: Wo bleibt bei der Opposition die Handschlagsqualität?

Frau Ministerin! Sie werden sich an Ihren Satz erinnern, den Sie vor der Nationalratswahl gesagt haben. Ich versuche ihn jetzt zu finden, aber ich kann ihn, so glaube ich, auswendig, ansonsten werden Sie mich korrigieren. Als Sie und Ihr Bundeskanzler gefragt wurden, was die ÖVP machen werde, wenn sie nicht als zweitstärkste Kraft in diesem Lande aus der Wahl hervorgehe, haben Sie gesagt – ich kann jetzt nicht im Original zitieren, weil mir der Zettel abhanden gekommen ist –: Da halten wir es so wie im Sport: Wenn man ein paar hundertstel Sekunden später im Ziel ist, dann steht man nicht auf dem Stockerl! Das heißt, wenn die ÖVP um ein paar Tausendstel verliert, sind Sie in der Opposition. (Bundesrat Würschl: Die Christen vergessen leicht!)

Das meine ich jetzt gar nicht böse, sondern ich denke, Frau Ministerin, Sie sollten so viel Toleranz für die Opposition haben, dass Sie nicht aus Kritik plötzlich einen Vorwurf der Destruktion machen. Wenn Sie das Recht gehabt haben, inklusive Ihres Parteivorsitzenden Schüssel, es sich nach vielen Monaten wieder zu überlegen und zu sagen, das gilt nicht, was wir vorher gesagt haben, wir gehen jetzt in die Regierung, dann sollten Sie so viel Toleranz für Demokratie haben, dass Sie Opposition auch in Würde ertragen, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werfen der Opposition, insbesondere der SPÖ, vor – die Grünen bleiben Gott sei Dank oder Grün sei Dank davon verschont –, die Sozialdemokratie leide unter dem Machtverlust. Frau Ministerin! Sehen wir das ganz locker! Wenn Sie früher verbale Steine gegen die Opposition werfen, dann haben Sie doch so viel Verständnis, dass Sie sich auf die Oppositionsbank setzen und überlegen: Wie will ich, dass mit mir umgegangen worden wäre, hätte ich mein Wort gehalten?! – Nicht mehr und nicht weniger verlange ich als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, in einer Oppositionsrolle, in der ich mich sehr wohl fühle. – Freundschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

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