Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 79

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der Bundesrat gemeint ist – erreichen, in denen wir gebeten werden, nach bestem Wissen und Gewissen für eine moderne Schule zu entscheiden, dann denke ich, sind wir den Schülerinnen und Schülern gegenüber verpflichtet, dass das, was wir in der Politik tun, für sie auch verständlich ist. Denn vieles, was die Politik für sie entscheidet, ist für viele Schülerinnen und Schüler in der Form gar nicht nachvollziehbar.

Wir diskutieren heute über mehrere Schulgesetze. Ich habe mich als Pro-Redner zu Wort gemeldet, obwohl ich einem Gesetzentwurf nicht die Zustimmung geben werde. Ich werde aber allen anderen Vorlagen meine Zustimmung erteilen, und zwar auch dem vorhin diskutierten Kärntner Minderheiten-Schulgesetz. Auch da gibt es eine Verbesserung in der Sache, obwohl man seit 1989 gewusst hatte, dass das nicht verfassungskonform ist. Aber auch hier fehlt sozusagen ein letzter Schritt: ein letzter Schritt in der Qualität. Es wäre nämlich das System der Abmeldung besser als das der Anmeldung. Auch das würde einen Schritt weiter in eine moderne, offene und innovative Schule bedeuten.

Das Fach "Politische Bildung" wird eingeführt. Ja, das muss sein, und die Schüler sind daran interessiert, sowohl geschichtlich als auch in der Gegenwart. Allerdings hätten wir uns dieses Fach nicht erst ab der siebten und achten Schulstufe gewünscht, denn die Schüler und Schülerinnen fragen, konfrontieren die Eltern wesentlich früher mit diesen Themen.

Nun wurde das Fach "Sozialkunde" in "Politische Bildung" umbenannt. – Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, ein erster Schritt, es in der siebten und achten Schulstufe einzuführen, aber ich denke, für die Frau Ministerin wird dieses Gesetz, dem wir heute hier mehrheitlich oder fast einstimmig die Zustimmung erteilen werden, auch Folgen haben, nämlich im Zusammenhang mit dem Lehrplan, der Lehrplanfestsetzung und auch der Ausbildung. Ich bin schon sehr neugierig, was auf Grund dieser gesetzlichen Beschlussfassung seitens des Ministeriums auf uns zukommen wird.

Zum Punkt Integration: Heute ist hier ein Wort gefallen, dessen Erwähnung ich sehr bedauere. Ich bedauere das insofern, weil ich auch persönlich, in meiner Familie, stark mit diesem Thema konfrontiert bin. – Das Wort "Zwangsbeglückung" ist wohl das schlechteste Wort, das im Zusammenhang mit der Integration von behinderten Menschen fallen kann.

Es ist keine Frage, dass Sonderschulen richtig und wichtig sind, aber sie sind eben Sonderanstalten. Es muss das oberste Ziel sein, überall dort, wo dies möglich ist, behinderte Kinder, Kinder, die sozialpädagogische Förderung brauchen, zu integrieren. Wir dürfen hier den Begriff "Behinderungen" nicht über einen Kamm scheren. Es gibt sehr viele Formen von Behinderungen.

Es muss das Ziel sein, behinderten Kindern die Chance zu geben, möglichst an allen Formen des ganz normalen Schulsystems teilzunehmen. Und da ist es egal, ob es das Regelschulsystem, das Pflichtschulsystem oder ein darüber hinausführendes Schulsystem ist. Wir haben dazu die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.

Ich bedauere sehr, dass das gescheitert ist, was den Polytechnischen Lehrgang betrifft. Aber ich bin froh darüber, dass es im Parlament eine Entschließung gab, mit der die Ministerin aufgefordert wird, das in Schulversuchen weiterzuführen. Das ist wichtig.

Letzter Punkt: die lange Diskussion über die Verhaltensvereinbarungen. Ich bedauere, dass die Diskussion hier im Vorfeld ein bisschen in die falsche Richtung gegangen ist, nämlich in Richtung Disziplinierungsmethoden. Ich gebe schon zu, das Wort "Verhaltensvereinbarungen" kann dies in einer anderen Auslegung vermuten lassen, keine Frage. Aber hier ist für uns von ganz besonderer Wichtigkeit, dass die Schülerinnen und Schüler in einem gemeinsamen Prozess mit den Eltern und den Lehrern eingebunden werden, für diese Verhaltensregeln Mitverantwortung zu tragen, und auch die Möglichkeit haben, ein Veto dagegen einzulegen, und dass diese Verhaltensregeln für alle drei Bereiche gelten, nämlich für die Lehrer, für die Eltern und für die Schüler, und dass sie nicht nur von zwei dieser Gruppen für eine andere Gruppe gemacht werden. Das nennt man heute auch eine neue Form des "partizipativen Miteinanders". Die Schülerinnen und Schüler sollen dafür selbst Verantwortung mit übernehmen.


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