Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 121

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den Ausführungen meiner Vorrednerin: Man kann natürlich die Ausgleichstaxe beliebig erhöhen, auf 20 000 S, 30 000 S, 40 000 S, aber, Frau Kollegin Schicker, Sie werden dadurch keinen einzigen zusätzlichen Behinderten in einem Betrieb einstellen. (Bundesrätin Schicker: Wenn es mehr ausmacht, als der Behinderte kostet, schon!) Sie können damit vielleicht Geld sammeln, aber Sie werden damit keinen einzigen zusätzlichen Behinderten-Arbeitsplatz oder Arbeitsplatz für einen Menschen, der eine Behinderung hat, gewinnen. Das ist, so glaube ich, das Dilemma und zugleich auch der Hauptkritikpunkt, dass wir weniger mit Zwangsmaßnahmen, mit Regulierungen, sondern mehr mit konkreten Vorschlägen und Förderungen an dieses Thema herangehen sollten.

Nicht nur die Wirtschaft, Frau Kollegin, sondern die gesamte Gesellschaft bekennt sich zum Ziel einer optimalen Eingliederung von Menschen mit Behinderung, nicht nur in die Gesellschaft, sondern in die Arbeitswelt (Bundesrätin Schicker: So ist es!), und zwar gemäß dem Grundsatz: faire Chancen für Menschen mit Behinderungen, Chancengleichheit und Gleichberechtigung.

Es ist in den letzten Jahren viel geschehen, auch unter der Regierung, der die SPÖ angehört hat; selbstverständlich ist viel geschehen. Das ist auch sinnvoll. Es ist auch unter der neuen Regierung auf dieser Basis sehr viel weitergearbeitet worden. Ich denke dabei beispielsweise nur an die Bereitstellung der Behindertenmilliarde, an konkrete Initiativen des Bundessozialamtes und so weiter.

Ich glaube auch, dass die Neuregelung des Kündigungsschutzes für Menschen mit Behinderungen ein Schritt in die richtige Richtung ist – in Zukunft besteht er erst nach sechs Monaten und nicht wie bisher schon nach drei –, weil sich der Kündigungsschutz zum Bumerang für die Menschen mit Behinderung entwickelt hat. Ich kann Ihnen dafür ein Beispiel nennen.

Ein Linzer Unternehmen, und zwar ein Massagebetrieb mit fünf Bediensteten in Linz-Urfahr, hat einen blinden Lehrling aufgenommen und ausgebildet, und der hat ausgelernt. Und jetzt ist folgende Situation – ich zitiere aus den "OÖN" –: So sind alle zufrieden, noch, denn im Herbst lernt Ewald – der 19-jährige Lehrling – aus, und dann gibt es das nächste Problem, denn einerseits möchte der Masseur – Rimser heißt er – den Lehrling Ewald unbedingt weiter im Team haben, weil er sich bewährt hat, doch andererseits hat er auch Angst davor.

Er meint: Als Behinderter ist mein Lehrling – Ewald – unkündbar. Wenn nun mein Geschäft nachlässt – das kann bei einem Betrieb mit vier, fünf Beschäftigten leicht passieren –, traue ich mir einfach als kleiner Unternehmer nicht zu, ihm ewig eine Beschäftigung zu garantieren. – Das bewirkt nämlich dann der Kündigungsschutz, der ähnlich ist wie der Kündigungsschutz für einen Betriebsrat.

So gedenkt Rimser, der Inhaber dieses Betriebes, sich mit seinem Problem brieflich an den Bundeskanzler zu wenden. – Das wird wenig nützen. (Bundesrat Freiberger: Bei dem Bundeskanzler!)

Unterstützt wird der Unternehmer dabei vom Hauptbetroffenen selbst – und jetzt kommt es –, und der, der blinde Lehrling, der dort ausgebildet wurde, sagt: Ich brauche keine Garantie auf meine Beschäftigung, ich will nur ein ganz normales Arbeitsverhältnis, so, wie es jedem anderen Menschen auch zusteht. – Ende des Zitates. – Das sagt der behinderte Lehrling!

Ich meine, es sollte uns zu denken geben, wenn Menschen mit Behinderungen selbst diese Forderung äußern, aber auch Behindertenverbände. Wir sollten diesem Gedanken nähertreten, das Ziel sollte die Normalität sein und nicht, den Behinderten zu einem betreuten Fall werden zu lassen. Da wird der überzogene Kündigungsschutz einfach zum Einstellungshindernis für die Betriebe, wie auch dieser Fall zeigt.

Der genannte Betrieb ist in diesem Fall gar nicht ausgleichstaxzulagenpflichtig – Sie haben gesagt, man solle das auf 20 000 S im Monat erhöhen. Das könnte der kleine Betrieb gar nicht leisten. (Bundesrätin Schicker: Der braucht es nicht zu zahlen mit fünf Beschäftigten! Der braucht es ja nicht zu zahlen!)


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