Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 146

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19.00

Bundesrätin Roswitha Bachner (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute ein Gesetz, das vor 82 Jahren, nämlich im Jahr 1919, eingeführt wurde: Es geht um die Abschaffung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen.

Jedem von uns in diesem Raum ist bewusst, dass dies geschehen muss, um eine EU-konforme Gesetzeslage herbeizuführen. Was jedoch von Seiten der sozialdemokratischen Fraktion nicht verstanden wird – oder vielleicht doch, wenn man sich die bisherige Vorgangsweise der FPÖ/ÖVP-Regierung vor Augen führt –, ist Folgendes: Immer dann, wenn es um Rechte oder um Schutzbestimmungen der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer geht, ist man bemüht, schnell Gesetze zu beschließen oder sie abzuschaffen, ohne vorher geeignete Schutzbestimmungen einzuführen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, dass jedem hier in diesem Raum bekannt ist, dass die Nachtarbeit große Gesundheitsrisiken in sich birgt, und zwar für Männer und für Frauen; darüber gibt es ausreichende Untersuchungen und Statistiken. Es ist, so glaube ich, in diesem Raum aber auch unbestritten – oder ich hoffe es zumindest –, dass die Nachtarbeit für Frauen noch viel schädlicher ist. Letzteres ist auf den Umstand zurückzuführen, dass die Frauen in unserer Gesellschaft nach wie vor im überwiegenden Ausmaß für die Kinderbetreuung, für die Haushaltsführung und für die familiären Belastungen zuständig sind. Allein dadurch besteht eine Doppel- und Dreifachbelastung für die Frauen.

Ich habe im Zuge meiner Tätigkeit sehr viel mit Frauen zu tun, und ich will gar nicht leugnen, dass es Frauen gibt, die eine Chance in der Nachtarbeit sehen. Man muss sich mit diesen Frauen dann nur genauer unterhalten und hinterfragen, worin sie denn eine Chance sehen, und wenn man ins Detail geht, dann merkt man, dass es sich in Wahrheit nicht um Chancen, sondern oft um die einzige Möglichkeit handelt. Es wird mit der Begründung argumentiert: Wenn ich in der Nacht arbeite, kann ich meine Kinder unter Tags besser betreuen. – Wir haben es nämlich vor allem im ländlichen Raum noch immer nicht geschafft, geeignete Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen. (Bundesrätin Giesinger: Das stimmt ja gar nicht! – Bundesrat Konecny: Gerade auf Vorarlberg trifft das zu!) Doch, das stimmt, Frau Kollegin! Fragen Sie nur viele Kolleginnen in Niederösterreich, die keiner Ganztagsbeschäftigung nachgehen können, weil es keine durchgehende Kindergartenbetreuung gibt! (Zwischenruf der Bundesrätin Giesinger. )

Ich habe auch nicht gesagt, dass es überall der Fall ist, sondern dass Kinderbetreuungseinrichtungen noch immer nicht in dem Ausmaß vorhanden sind, wie es die Frauen benötigen würden. – Das war meine Aussage, nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt aber auch immer noch Frauen, die eine Chance in der Nachtarbeit nur deshalb sehen, weil sie unter Tags keine Ganztagsbeschäftigung mehr bekommen und in atypische Dienstverhältnisse gedrängt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. )

Keiner – keiner!; ich nehme sowieso keinen aus – in dieser Regierung hat sich Gedanken darüber gemacht, obwohl das die Verpflichtung dieser Regierung wäre, wie Frauen, zum Beispiel Alleinerzieherinnen, die niemanden haben, der in der Nacht ihre Kinder betreut, einer Nachtarbeit nachgehen oder wie diese Frauen in der Nacht zu ihrem Arbeitsplatz kommen können, wenn es keine geeigneten Transportmöglichkeiten gibt! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch glaube ich kaum, dass man sich viele Gedanken darüber gemacht hat, dass die Nachtarbeit – obwohl bekannt ist, dass vermehrte Gesundheitsrisiken damit verbunden sind – eine zusätzliche Belastung für das österreichische Gesundheitssystem bedeuten wird. Ich nehme allerdings an, dass das sowieso niemanden von der Regierung stört, denn man belohnt die Leute sowieso, indem man ihnen die Ambulanzgebühr abnimmt! (Bundesrat Dr. Böhm: Sehr polemisch!) Ja, das ist polemisch, aber das ist Tatsache! Die Regierung hat die Grundlage für diese Polemik geboten! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Wir wollen etwas über Androsch hören!) – Da müssen Sie sich mit ihm selbst unterhalten! Ich bin mit ihm weder be


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