Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 37

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widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen vor.

Ich sehe, dass zur Geschäftsordnung das Wort gewünscht wird, und bitte Herrn Professor Böhm, das Wort zu nehmen.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

11.24

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wie wir gehört haben und wie es uns auch schon schriftlich vorliegt, hat die sozialdemokratische Fraktion zwei dringliche Anfragen eingebracht – ich zitiere: – "betreffend Verunsicherung der österreichischen Bevölkerung durch widersprüchliche Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung zu brisanten politischen Themen".

Ich möchte zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung Stellung nehmen, möchte aber, um nicht missverstanden zu werden, vorweg die Bemerkung machen, dass sich meine Fraktion nicht hinter formalen Vorwänden verschanzen will, weil sie die inhaltliche Auseinandersetzung in dieser politischen Diskussion scheuen würde. Das sei vorweg klargestellt.

Ich habe mich vielmehr deswegen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung gemeldet, weil ich doch meine, wir müssen Spielregeln – und dies ist hier nun einmal die Geschäftsordnung – auch ernst nehmen. Dringliche Anfragen haben sich auf den Vollzugsbereich der betreffenden Bundesminister zu beziehen, wozu natürlich auch Regierungsakte gehören.

Nur am Rande habe ich Stellung zu nehmen zur dringlichen Anfrage, die sich an den Herrn Bundeskanzler richtet. Ich nehme an, es wird dazu ebenfalls noch Stellung bezogen werden. Primär möchte ich mich auf die Zulässigkeit der dringlichen Anfrage an die Frau Vizekanzlerin in ihrer Eigenschaft als Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport beziehen. Im Gegensatz zum Bundeskanzler kommt der Vizekanzlerin auch in dieser Funktion keine Koordinierungskompetenz zu.

Wenn man die einzelnen Fragen in der dringlichen Anfrage an die Frau Vizekanzlerin näher betrachtet, dann muss ich sagen, halte ich die überwiegende Anzahl der an sie gestellten Fragen in dem dargestellten Sinne für unzulässig.

"Frage 1: Finden Sie als Mitglied der Bundesregierung den von Bundeskanzler Dr. Schüssel gewählten Vergleich der Neutralität der österreichischen Republik mit Mozartkugeln und Lippizanern für passend?" – Hier geht es um die Kommentierung einer politischen Aussage eines Ministerkollegen; auch der Bundeskanzler ist ja nur primus inter pares. Mit der Ressortzuständigkeit der Frau Vizekanzlerin und ihrer Eigenschaft als Ministerin für öffentliche Leistung und Sport hat das schlechthin nichts zu tun.

"Frage 2: Werden Sie als Mitglied der Bundesregierung im Ministerrat in dieser Gesetzgebungsperiode für eine Regierungsvorlage stimmen, mit welcher das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs aufgehoben oder in seinen Grundsätzen verändert wird?" – Da räume ich, dass eine solche Abstimmung im Ministerrat ein Regierungsakt wäre. Es ist allerdings eine völlige Unbestimmtheit in dieser Fragestellung zu verzeichnen, weil überhaupt nicht angegeben ist, um welche Gesetzesvorlage es da gehen sollte, die dann mit dem Neutralitätsgesetz gegebenenfalls unvereinbar wäre.

"Frage 3: Teilen Sie die Einschätzung des EU-Kommissars Günter Verheugen, wonach das Thema Temelin und insbesondere der Melker Prozess sowohl sachlich als auch politisch zum Abschluss reif sind?" – Ich frage mich, wieso die Einschätzung eines EU-Kommissars in die Ressortzuständigkeit der österreichischen Frau Vizekanzlerin fallen sollte (Bundesrat Gasteiger: ... die Republik nach außen vertreten, oder?), abgesehen davon, dass es sich dabei um Energiefragen handelt, was erneut nicht im Geringsten in ihren Kompetenzbereich fällt.


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