Bundesrat Stenographisches Protokoll 682. Sitzung / Seite 112

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

gung legitimierter Volksvertreter und -vertreterinnen fußt. Die Erkenntnis, dass so etwas wie in Nizza nie mehr passieren darf, ist meiner Meinung nach wirklich ein Erfolg.

Der zweite Grund, aus dem es in meinen Augen notwendig ist, dieser Ratifizierung zuzustimmen, ist das große Projekt des vereinigten Europas. Das ist immerhin das größte Friedensprojekt, das es gibt. Dieser Vertrag bietet zumindest die Leiter dafür, dass es weitergeht. Deshalb ist dieser Vertrag mit allem Wenn und Aber, mit sehr viel Bauchweh zu ratifizieren.

Aber dieser Verfassungsprozess in Europa wird die Akzeptanz der Bevölkerungen brauchen. Die Liste mit den Dänen und den Iren ist beliebig fortzusetzen. Das können die Italiener, die Österreicher, die Deutschen oder auch die Franzosen sein: Ich weiß nicht, wie es ausgegangen wäre, hätten sie über die gemeinsame Währung abzustimmen gehabt.

Das heißt, dass wir uns nach wie vor um die Akzeptanz bei den Bevölkerungen bemühen – und deshalb ist es auch wichtig, dass dieser Prozess in den Mitgliedsländern selbst eine Vertiefung erfährt. Da nützt es uns nichts, wenn wir eine alte Aufrechnungspolitik mit Vetotaktiken und Anti-Europastrategien verbinden.

Meine Damen und Herren! Trotz aller Irritationen, die das Werden dieses Vertrages ausgelöst hat, befinden wir uns auf dem Weg der Vertiefung und der Erweiterung Europas, und das ist ein richtiger und guter Weg. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

15.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Staatssekretär. – Bitte.

15.43

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte meine Freude über die positive Grundhaltung, die dieser Debatte innewohnt, die den letzten Schritt in Richtung Ratifizierung des Vertrages von Nizza darstellt, nicht verhehlen. Die Kritik an diesem Vertrag war vielfältig und wurde auch heute von Herrn Kollegen Schennach formuliert: Der Vertrag sei unlesbar und schwer verständlich.

In der Zwischenzeit – das kann man auch an dieser Debatte ablesen – ist hier ein realistischeres Augenmaß eingekehrt, denn der Vertrag stellt das dar, was er in Wirklichkeit ist, nämlich ein realistischer politischer Kompromiss. Es ist trotz allem – und auch das ist hier in dieser Debatte durchgeklungen – seit 40 Jahren das erste Mal, dass sich die Institutionen in größerem Ausmaß der Entwicklung angepasst haben.

Das Ziel wurde erreicht, die notwendigen technischen Voraussetzungen für die größte Herausforderung der letzten Jahrzehnte für die EU wurden geschaffen. Die Details sind in den Diskussionen schon angeklungen. Ich erwähne sie noch einmal: ein Kommissar pro Mitgliedstaat. Ab dem Jahr 2005 werden die großen Mitgliedstaaten auf den zweiten Kommissar verzichten. Diese Regelung bleibt bis zum 27. Beitrittsland aufrecht. Erst dann wird über eine Verkleinerung der Gremien abgestimmt, und zwar – das ist auch festzuhalten – einstimmig.

Die Durchsetzung des Prinzips der Vertretung, dass jedes Mitgliedsland in jeder europäischen Institution, im Parlament wie im Gerichtshof, einen Vertreter hat, ist – das sei hier noch einmal erwähnt – der österreichischen Beharrlichkeit und jener unserer Verhandler zuzurechnen.

Auch die Stimmgewichtung ist von Herrn Professor Böhm und Herrn Bundesrat Hösele thematisiert worden. Ich darf es kurz ausführen: Österreich hat zehn Stimmen. Das bedeutet ein Stimmgewicht von 3 Prozent bei einem Bevölkerungsanteil von 1,5 Prozent und einem Budgetanteil von 2,6 Prozent. Das Blockadegewicht liegt nunmehr bei 11 Prozent. Ich glaube, das ist für die kleinen Länder und damit auch für Österreich ein gutes Ergebnis.

Die sensiblen Bereiche hat Professor Böhm auch schon angesprochen: Wasserressourcen, Raumordnung, Bodennutzung und die Verkehrsprobleme. Sie sind weiterhin einstimmig zu lösen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite