Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 24

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Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wenn mich die sozialdemokratischen Fraktionen in den Bundesländern dazu zwingen, bleibt mir nichts anderes übrig. – Das ist ganz einfach.

Ich habe Ihnen heute schon angeboten, ein Spezialtreffen zwischen uns zu akzeptieren, bei dem ich Ihnen unsere Argumente darlegen kann. Ich komme auch in das Parlament. Ich war auch in den Landesregierungen, ich war in den Landtagen, ich habe keinen einzigen Gesprächswunsch ausgeschlagen. Sie müssen bedenken, sehr geehrter Herr Bundesrat, es geht mir nicht um einen, wie schon gesagt, feindseligen Akt gegenüber der Bevölkerung, sondern wir haben einfach einen Reformstau zu bewältigen, und das tut weh. Das ist mir klar, obwohl Herr Landeshauptmann Pröll vor zehn Jahren, als zusammengelegt wurde, gesagt hat: Es hat nicht wehgetan. Das muss man akzeptieren.

Wir haben heute eine Gesetzesmaschinerie, die, wenn es notwendig ist, sehr schnell funktionieren kann. Denken wir an die Terrorakte vom 11. September! Wir haben ein kleines Antiterrorpaket innerhalb weniger Monate beschlossen. Die sozialdemokratische Fraktion war noch im Justizausschuss dagegen und dann im Plenum in der zweiten Lesung dafür. Wir haben es innerhalb von zwei Monaten einstimmig durchgebracht.

Warum sage ich das? – In mir ist während dieser zweijährigen Tätigkeit als Justizminister folgende Erkenntnis gewachsen – das ist eine ganz klare Linie, ich habe das auch gestern im Justizausschuss gesagt –: Kleine Novellen entsprechen dem Rechtsschutzbedürfnis und dem rechtsstaatlichen Bedürfnis mehr als große Schritte, weil große Schritte natürlich auch den Effekt haben, dass man politisch mitdenkt, aus Prinzip dagegen ist und andere Forderungen damit verbindet. Das haben wir, wenn es um die Bevölkerung und ihre justizielle Versorgung geht, eigentlich nicht notwendig.

Hätte man in den letzten Jahrzehnten in kleinen Schritten die Struktur aufgearbeitet, hätten wir nicht heute diese unnötige und eigentlich unwürdige Debatte, weil wir alle dasselbe wollen, nämlich eine bessere und optimale moderne Versorgung der Bevölkerung.

Wir können aber nicht angesichts einer Struktur, mit der wir Weltschlusslicht sind, die Bevölkerung im Zweifel darüber lassen, dass es eine bessere Organisationsform gibt, deswegen muss ich dort – das ist in drei Bundesländern, nämlich in Oberösterreich, Salzburg und Tirol der Fall –, wo die sozialdemokratischen Fraktionen offen dagegen sind – zumindest in Oberösterreich und Salzburg, in Tirol ist es noch nicht ganz klar –, mittels Bundesgesetz zu dieser Zusammenlegungsmaßnahme schreiten. Die Regierungsfraktionen – ich sage es Ihnen ganz offen – sind dafür.

Es würde auf offenes Unverständnis in der Bevölkerung treffen, nachdem die Meinung in der Bevölkerung mittlerweile umgeschwenkt ist, die Zusammenlegung von Bezirksgerichten nun nicht zu machen, obwohl die Bevölkerung das mittlerweile auch will. (Bundesrat Würschl: Welche Bevölkerung meinen Sie? Die kenne ich nicht!)  – Ich glaube schon, dass Sie die nicht kennen, ich habe Ihnen das heute schon vorgeworfen. Wenn ich in die Bundesländer fahre, rede ich mit der Bevölkerung. Ich lese Meinungsumfragen. Ich kann nichts dafür, dass Sie Meinungsumfragen in dieser wichtigen Frage, die vier Monate alt sind, nicht kennen. Ich kann Ihnen aber das Angebot machen, sie Ihnen zu schicken. Ich werde das auch tun, Herr Bundesrat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Herr Bundesminister! Ist Ihnen bewusst, dass Sie, wenn Sie Bezirksgerichte mittels ministerieller Verordnung oder Nationalratsbeschluss verlegen oder zusperren, laut namhaften Verfassungsjuristen einen verfassungswidrigen Akt setzen?


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