Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 31

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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich zerschlage überhaupt nichts. Ich habe soeben erwähnt, dass ich nicht zu jenen gehöre, die die Absicht haben, diese Vereine zu desavouieren und in ihrer guten Absicht zu diskriminieren. Das ist das Letzte, was ich will. Aber in der Demokratie und in einem Staat, der sparen muss, muss Folgendes zulässig sein: nämlich die Überprüfung der Effizienz dieser Organisation.

Wir haben ein Modell, das auch funktioniert – und vom Rechnungshof geprüft wird –, und zwar mit gutem Erfolg: Das ist die Bewährungshilfe. Demgegenüber steht eine Zahl von 90 bis 166 Vereinen – diese Angabe ist sehr seriös, diese Zahlen lassen sich begründen –, die sich unkoordiniert um Verbrechensopferschutz bemühen. Und um diese Koordinierung möchte ich mich gemeinsam mit Herrn Sozialminister Mag. Haupt bemühen; sein Einverständnis liegt vor.

Natürlich müssen wir auch bedenken, dass manche dieser Institutionen sehr diskret arbeiten müssen, zum Beispiel die Frauenhäuser. Es kann nicht so sein, dass man, wenn eine Frau dort Schutz sucht, dem Mann mitteilt, wo sie ist, weil der Terror dann unter Umständen dort weitergeht. Wir müssen all das bedenken. Wir müssen auch den Datenschutz bedenken. Aber noch einmal: Es muss zulässig sein, die Frage zu stellen, ob das wirklich die bestmögliche Organisationsform ist, und das mache ich gerade.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Robert Aspöck gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Robert Aspöck (Freiheitliche, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sie werden es oft erlebt haben, viele unserer Kollegen haben es oft erlebt, dass sich ein als Zeuge vernommenes Opfer irgendwann einmal im Laufe der Verhandlung an den Richter wendet und sagt: Herr Richter! Bin ich hier eigentlich Zeuge oder Angeklagter oder – sehr oft – Angeklagte?

Nach Jahrzehnten, in denen in der Justizpolitik tendenziell eigentlich immer wieder der Täterschutz im Vordergrund stand, hat man heute das Gefühl, dass man sich auch einmal verstärkt um die Opfer kümmert. Ich möchte an dieser Stelle für diese epochale Trendwende unter Ihrer Ministerschaft auch einmal herzlich danken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang meine Frage: Wird durch die prozessualen Änderungen das Opfer künftig eher das Gefühl der echten Beteiligung am Verfahren als Rechtssubjekt als nur das Gefühl, rechtsloser Zeuge zu sein, haben können?

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Danke schön, vor allem auch für die anerkennenden Worte, die ich gerne auch an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergebe.

Es ist unser Bestreben, dass das Opfer volle Information erhält, Beweisantragsmöglichkeiten erhält und vor allem auch das Gefühl bekommt, dass es auch im Mittelpunkt des Verfahrens und seines Geschehens steht. Das ist aber zum Beispiel auch der Fall beim außergerichtlichen Tatausgleich, da wird das Opfer auch mit einbezogen. Das ist auch in der StPO-Novelle beim neuen Privatankläger der Fall, und das ist auch dann der Fall, wenn es um die Diskussion geht, ob man das Weisungsrecht von der Oberstaatsanwaltschaft abwärts dadurch überprüfen kann, indem man einen Antrag an das Gericht stellt, denn es werden zwei Drittel aller Verfahren eingestellt, und sehr viele Anzeigen von Opfern gehen damit unter.

Ich möchte, dass die Bevölkerung das Gefühl hat, dass ihre Anzeigen – auch dann, wenn sie auf Vermutungen beruhen, das ist nun einmal so – auch tatsächlich überprüft werden. Das ist für das Verständnis der Bevölkerung wichtig, denn die Bevölkerung lebt in einem sehr starken Harmoniebedürfnis mit dem Strafrecht, das soll man nicht übersehen. Die Menschen haben ein sehr genaues und sicheres Gefühl, wann ein Verhalten bestraft werden soll und wie es bestraft werden soll und wie nicht.


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