Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 93

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14.30

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! "Dialog der Religionen als Weg zur Stärkung des Friedens": Vor zwei Tagen noch war dies eine große Veranstaltung in den Redoutensälen, der Dialog der Religionen der Christen und der Moslems, die sich in den letzten tausend Jahren wirklich nicht nur friedlich gegenübergestanden sind. (Bundesrätin Haunschmid: Hoffentlich war da ein Sozialdemokrat dabei!)

Lieber Kollege Reisenberger! Wenn man es darauf ankommen lässt, nur jenes zu finden, was einem als dialogunfähig erscheint, weil Blut an den Händen sein könnte – wie er es sagt –, dann würde ich es als Politiker bevorzugen, nur nach Nordeuropa zu reisen. Denn dort habe ich eine gewisse Sicherheit, dass das, was Sie hier rundherum vorwerfen, nicht stattfindet. Ich fahre daher auch sehr gerne nach Nordeuropa, dort findet das nicht statt. – Ich finde Ihre Bemerkungen letztklassig. (Bundesrat Reisenberger: Dann waren sie gut!) Sie vergessen, dass die Causa Noricum wirklich eine Causa missglückten sozialdemokratischen Waffenexportes war. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind hier heute zusammengekommen, um über ein Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zu sprechen. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.) In dem Thema sind wir uns alle einig. Uneinig werden wir uns wahrscheinlich darüber sein: Was ist Terror, und was ist Freiheitskampf? – Das wird bei der ganzen Angelegenheit nicht ausgesprochen. Darüber sind sich auch die Damen und Herren in den Vereinten Nationen nicht einig. Sie stimmen wohl alle ab, gegen den Terror zu sein, aber wenn man die Kollegen in den verschiedensten Außenämtern darauf anspricht, was Terror ist, dann wird man unterschiedliche Meinungen zu hören bekommen, und ebenfalls dann, wenn man sie darauf anspricht, was Freiheitskampf ist. Manchmal ist also das eine auch das andere.

Uneinig sind wir wahrscheinlich auch über den Umfang, in dem wir den internationalen Terrorismus bekämpfen wollen, sowie darüber, wie wir ihn bekämpfen wollen und wie er bekämpft werden soll. Die eigenartige internationale Arbeitsteilung macht mir etwas zu schaffen. Auf Englisch heißt das: The US fights, the UN feeds, and the EU founds. – Die Amerikaner kämpfen, die UNO füttert, und die EU finanziert. Ich glaube, das kann es ja nicht sein.

Was ist Terrorismus? Wo entsteht er? – Krisengeschüttelte politische Gebilde in Teilen der ehemaligen Sowjetunion, in Teilen Afrikas, in Teilen Lateinamerikas geben einen ungeheuer guten Bodensatz ab, um Terrorismus zu bilden. Unterschiedliche ethnische Gruppen, das Fehlen einer regulierenden staatlichen Struktur (Bundesrat Gasteiger: Im Irak!), das ist es, was Terrorismus schafft. Aber in der Hinsicht werden wir mit diesem heutigen Gesetz wenig bewirken können.

Die Erkenntnis, dass junge, instabile Nationalstaaten wichtige Relaisstationen des internationalen Terrorismus sind, ist eine Tatsache. Die neuen Staaten sind oft nicht in der Lage, die uralten Konflikte zu bewältigen, die in Phasen des politischen Zusammenbruchs wieder hervortreten. Es muss daher als Primat sichergestellt werden, die Sicherung existierender Restbestände staatlicher Strukturen zu fixieren. Staatliche Strukturen, verlässliche Rechtsgrundlagen, klare territoriale Grenzen sowie ein eindeutig verteiltes Gewaltmonopol sind und bleiben die wichtigsten Vorkehrungen gegen die Entstehung destabilisierender Rückzuggebiete und damit auch gegen das Entstehen von Terrorismus.

"Wir müssen den Terrorismus verstehen – nicht akzeptieren, verstehen –, bevor wir ihn bekämpfen", meint die grüne Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer. Es ist eine unglückliche Denkformel, von einer irrationalen "Achse des Bösen" zu sprechen, und sie gibt auch gar keine Antwort auf die Ursachen des Terrorismus.

Was können wir also vom Terrorismus wissen? – Erstens: Terroristen sind gelegentlich die Bündnispartner früherer Etappen. So war es bei Bin Laden, so war es bei Milosevic und auch bei Saddam Hussein; um nur drei zu nennen. Ich fordere daher auf – aber das ist ganz unwesentlich, denn die handelnden Personen müssen es selbst tun –: Politische Strategen


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