Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 104

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Frau Bundesrätin Trunk hat in ihrer Rede wörtlich gemeint: Wir waren nie Spitzenreiter. Schade, dass sie jetzt nicht da ist, aber das ist schon eine gewagte Annäherung an das Thema, denn den Spitzenplatz hatten wir in den letzten 30 Jahren nicht einmal annähernd im Visier, sondern das österreichische Problem oder das Problem der Bundesregierung war, die rote Laterne des letzten Platzes abzugeben und überhaupt einmal das Mittelfeld innerhalb der Geberländer zu erreichen. Das definiert wahrscheinlich eher die österreichischen Leistungen in der Entwicklungszusammenarbeit. Oder in anderen Worten ausgedrückt: Das Paradoxon österreichischer Entwicklungszusammenarbeit hat sich immer darin kristallisiert, dass die private Entwicklungshilfe, Entwicklungszusammenarbeit ein Vielfaches dessen war, was die staatliche ausgemacht hat. Das ist nahezu eine weltweit einmalige Situation. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Herr Gudenus! Wir werden dann ein Kolloquium über die Welt draußen miteinander abhalten, aber ich werde mit Interesse dieses Dossier, das Sie sicher veröffentlichen werden, noch einmal durchlesen.

Frau Ministerin! Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass es nach 30 Jahren endlich zu einer Novelle des Gesetzes über Entwicklungszusammenarbeit kommt. Man hat es immer wie ein Strohhalm angesehen, wenn sich das Hohe Haus mit dem Thema der Entwicklungszusammenarbeit befasst, und betont, wie wichtig das für die NGOs und für alle jene ist, die in diesem Bereich tätig sind.

Nun ist diese Novelle da, und es gibt einige positive Punkte. Ich denke, es wäre schöner gewesen, wenn wir es geschafft hätten, dem Thema angemessen ein gemeinsam getragenes Gesetz zusammenzubringen. Aber jetzt möchte ich zuerst einmal die positiven Punkte erwähnen.

Das eine sind sicherlich die Prinzipien der Gleichstellung von Mann und Frau, was ein ganz wichtiges entwicklungspolitisches Anliegen ist. Denn wen von den Ärmsten trifft es noch immer am meisten? – Es ist dies die ländliche Bevölkerung und dort wieder vorwiegend die Frauen. Wichtig ist auch, dass in diesem Gesetz noch im Nachhinein aufgenommen wurde, dass die Bildungs- und Informationsarbeit verankert wurde.

Herr Gudenus hat wie auch Frau Trunk und alle anderen vorher von diesen unglaublichen Zahlen gesprochen. Das sind an sich Zahlen, die uns immer wieder erdrücken, die uns erwürgen. All das stimmt, denn diesen Zahlen ist nichts mehr hinzuzufügen. Das wichtige Bekenntnis der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in den letzten Jahren war doch, eine klare Orientierung im bilateralen Bereich, im Hinblick auf die "least developed countries" zu haben. Und da hat man auch bei den so genannten Ärmsten der Armen eine Länderschwerpunktsetzung vorgenommen. Dann habe ich nicht die ganze Welt in ihrem Elend und in ihrer Ausformung vor mir, und ich kann auch andere Evaluierungen an diese Form der Entwicklungszusammenarbeit setzen. Dass es eine moralische und politische Verantwortung Österreichs ist, sollte hier eigentlich gar nicht mehr erwähnt werden müssen.

Nun fehlen aber in diesem Entwurf einige Dinge, vor allem was sich Österreich denn vorstellt. Was wird denn der künftige österreichische Beitrag sein, damit es eben – Bild Gudenus – zu diesen gerechteren weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommt? Oder wie wird der Beitrag Österreichs zu sozialen und ökologischen Ausrichtungen dieser Strukturanpassungsprogramme internationaler Finanzinstitutionen aussehen, die auch heute schon genannt wurden?

Oder: Wie schaut unser Beitrag zu dem Abbau der einseitigen Handelshemmnisse aus, denn die Rollbalken oder Zollschranken, Herr Gudenus, werden nicht von der einen, sondern von der anderen Seite, nämlich unserer Seite errichtet? Oder wie sieht die Gretchenfrage, die ganz große Gretchenfrage aus, nämlich der Schuldenerlass für die Entwicklungsländer, insbesondere für die "least developed countries"?

Im Jahr 2000 kam es zu dieser bitteren Situation, dass auf Grund der Kürzung der Ermessensausgaben die bilaterale Programm- und Projektzusammenarbeit auf dem historischen Tiefpunkt angelangt ist, nämlich bei 20 Prozent. Das gab es noch nie.


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