Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 111

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Das ist eine Behauptung, die man wirklich nur im Schutze dieser sozusagen Immunität anstellen kann. Das Gegenteil ist wahr. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nichtsdestoweniger erscheint es mir notwendig, zunächst einmal klar zu sagen, damit die Grundlage unserer politischen Auseinandersetzung von vornherein geklärt ist, worum es in dieser Debatte nicht gehen kann: Es kann nicht darum gehen, eine Vorverurteilung oder einen Vorfreispruch eines österreichischen Polizeibeamten vorzunehmen. Beim gegenwärtigen Stand der Erhebungen kann man Meinungen haben, aber die sind irrelevant – der Bundesrat ist mit Sicherheit kein Gremium, das diese Entscheidung zu treffen hat –, und das ist nicht Gegenstand dieser Anfrage und nicht Gegenstand der Debatte.

Es kann schon gar nicht darum gehen, hier eine Attacke dagegen auszuüben, dass die Republik für einen österreichischen Staatsbürger als Bediensteten und als jemand, der letztlich in ihrem Interesse im Kosovo tätig ist, eine Fürsorgepflicht hat. Es kann nicht darum gehen, die Ausübung dieser Fürsorgepflicht zu attackieren. Und schon gar nicht kann es darum gehen, den Einsatz von Mitbürgern, von österreichischen Polizisten, aber in anderen Gegenden der Welt, von österreichischen Militärs zu diffamieren, die einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Sicherheit, zur Erreichung normaler demokratischer, rechtsstaatlicher Bedingungen in verschiedenen Weltgegenden leisten.

Worum es geht, das ist, sich einmal mehr mit einer Regierungspolitik auseinander zu setzen, die sich relativ zutreffend mit der Bezeichnung "management by chaos" beschreiben lässt und die aus unerfindlichen Gründen – aber vielleicht kennen Sie Gründe dafür – das Licht der Öffentlichkeit ganz offensichtlich scheut.

Es ist unvorstellbar, dass ein Vorfall – ob es sich jetzt um Beschuldigungen oder um Tatsachen handelt, sei bewusst offen gelassen –, der so tief in unser außenpolitisches Engagement eingreift, nicht von den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung öffentlich gemacht wird, nicht dem Hauptausschuss des Nationalrates, der über eine solche Entsendung zu beschließen hat und im Fall Kosovo auch beschlossen hat, zur Kenntnis gebracht wird, sondern dass die ganze Angelegenheit weit über dem großen Teich durch eine Zeitungsveröffentlichung in der "Washington Post" öffentlich wird – nicht gerade das Zentralorgan der österreichischen Bundesregierung –; und ab diesem Zeitpunkt spielt sich hinhaltender Informationswiderstand ab.

Meine Damen und Herren! Die Reaktion der österreichischen Medien hat mit aller Eindrücklichkeit gezeigt – und das ist ein Warnzeichen an Ihre Adresse –, dass diese Champignon-Methode der Informationspolitik in Österreich nicht mehr toleriert wird! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.  – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Champignon-Methode heißt, dass Sie über all diese Vorfälle die Öffentlichkeit im Dunkeln lassen – und wenn etwas herauskommt, dann füttern Sie sie mit Mist! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hier hat sich – es ist ein starkes, aber zutreffendes Wort, Kollege Böhm – einmal mehr gezeigt, welch hohes Maß an Reaktionsunfähigkeit – offensichtlich auch auf Grund von Verunsicherung – insbesondere im Bereich des Außenministeriums herrscht, das letztlich auch zu einer schwer wiegenden Beschädigung österreichischer Interessen führt.

Ich brauche Ihnen – wir werden das aber noch tun – nicht in Erinnerung zu rufen, Frau Ministerin, wie Ihr Verhalten in dieser Angelegenheit von den österreichischen Medien bewertet wurde. Es war, wie man so sagt, ein strenges, aber gerechtes Urteil. Ich brauche Ihnen nicht in Erinnerung zu rufen, dass da in höchstem Maße Grundwerte einer Demokratie missachtet wurden. – Krisenbewältigung auf die Schnelle und im Geheimen gehört mit Sicherheit nicht zu diesen Grundwerten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

Ich sage Ihnen noch etwas: Es ist eine Provokation, wie sich hier innerhalb weniger Tage die Wirklichkeit offensichtlich verändert. Ganz offensichtlich ist es so – ich möchte das jetzt gar nicht qualifizieren –, dass nach einer Legende und einem Haupttitel, unter dem diese Angelegenheit präsentiert werden kann, gesucht wurden:


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