Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 112

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In der ersten oder vielleicht zweiten Stunde, so genau weiß ich das nicht, hat der Herr Innenminister mit der Begründung "aus disziplinären Gründen" beim Außenministerium um Mithilfe bei der Heimholung der betroffenen Person ersucht.

Dann hat eine Mutation stattgefunden: Innerhalb etwa eines Tages hat sich das in "humanitäre Gründe", was nicht ganz dasselbe ist, verwandelt.

Ich zitiere hier bewusst aus der "Parlamentskorrespondenz", um die Vertraulichkeit des Hauptausschusses nicht zu brechen; Sie können sich also alle Proteste diesbezüglich sparen: Bis vergangenen Dienstag hat sich die gesamte Angelegenheit in eine Art Heldengeschichte verwandelt, in der die finstere Intrige – ich korrigiere mich, das Zitat heißt: die "große Intrige" – ganz offensichtlich des Herrn Steiner gegen Österreich – oder laut Originalzitat: "gegen einen verdienten Österreicher" – aufgeklärt, bekämpft und entsprechend niedergemacht wurde.

Meine Damen und Herren! Das geht so nach dem Motto: Die Zukunft ist ja klar, nur die Vergangenheit ist fortwährenden Veränderungen unterworfen, wie einmal Ilja Ehrenburg, der das bei seinen Nahebeziehungen zum Stalinismus genau gewusst haben muss, genannt hat. Es geht nicht an ... (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Ganz im Gegenteil. Wenn Sie mir zugehört haben, wissen Sie, was ich betont habe, und Sie wissen auch, in wessen Nähe ich ihn gerückt habe.

Hier geht es darum, dass ganz offensichtlich eine Legende gezimmert wurde und man sich, nachdem sich Ihre Spin-Doktoren nach einwöchigem Nachdenken dazu entschlossen haben, dass die Patriotismus-Masche nicht so schlecht gelaufen ist und man sie vielleicht noch einmal exhumieren könnte, dafür entschieden hat.

Ich zitiere noch einmal – und da beginnt es kabarettreif zu werden – aus dem Hauptausschuss: Herr Abgeordneter Karl Schweitzer von der FPÖ hat darauf hingewiesen, dass es darum ginge, Österreicher im Ausland zu schützen, und dass hier absolute Gleichbehandlung angebracht sei. Er hat die Kühnheit besessen, die "Volxtheater"-Karawane und deren Behandlung und den Einsatz der österreichischen Behörden für diese Menschen in Italien als Musterbeispiele dafür zu nennen. (Bundesrat Ledolter: Das ist so nicht richtig!)

Frau Bundesministerin! Wenn man das als Maßstab nimmt, dann hätten Sie sich ... (Bundesrat Ledolter: Das ist so nicht richtig!)  – Was ist nicht richtig? (Bundesrat Ledolter: Herr Schweitzer hat ganz anders zitiert! Er hat bei dieser ... wörtlich zitiert!) Herr Kollege! (Bundesrat Ledolter: Ich bin zwei Plätze neben ihm gesessen!)  – Das ist vertraulich. Ich zitiere aus der "Parlamentskorrespondenz", die eine Festschreibung dieser Wahrheit beinhaltet. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. –Bundesrat Ledolter: Aber doch bitte keine Märchen!)

Herr Kollege Ledolter! Es gibt im österreichischen Volksmund die schöne Formulierung: "eingefahren" – bleiben wir dabei! (Bundesrat Manfred Gruber: Lesen oder besser hören!) Lesen, Herr Kollege, ganz einfach lesen.

Kehren wir zurück. Wenn dieser Fall nach dem Vorbild der "Volxtheater"-Karawane von der Frau Bundesministerin behandelt worden wäre, dann hätte das so ablaufen müssen: Nach Bekanntwerden der ganzen Angelegenheit hätte die Frau Bundesministerin in der Öffentlichkeit erklären müssen: Kein Wunder, der Mensch hat immer schon eine miserable Dienstbeschreibung gehabt!, um 24 Stunden später festzustellen, dieses Urteil sei auf Grund dubioser Informationen aus dem Innenministerium zu Stande gekommen. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach. )

Nein! Von Gleichbehandlung kann hier tatsächlich keine Rede sein. Hier geht es um ein schwieriges, zweifelsfrei von zwei Seiten zu betrachtendes Problem. – Keine Frage, es wäre mit dieser Obsorgepflicht nicht vereinbar, einen Menschen unter schwierigen Bedingungen in einem fremden Land einfach sich selbst zu überlassen.


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