Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 115

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss natürlich verstehen, dass es in solchen Fällen primär darum geht, einem in Not geratenen Österreicher zu helfen, und dabei Erklärungen oft Sache eines späteren Zeitpunktes sind. Es geht nicht um die Erklärungen, es geht darum, dass man jemandem schnell und professionell hilft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch festhalten, dass ich es sehr bedaure, dass in diesem Fall zahlreiche negative Meldungen abgegeben wurden, bevor die wirklich relevanten Details des Falles überhaupt bekannt waren. Aber wenn Sie glauben, dass die Menschen kein Vertrauen mehr in uns haben würden, irren Sie. Nur durch die Behandlung des Falles, indem man einen Polizisten total geschützt hat, hat man, so glaube ich, das Vertrauen verstärkt, denn sonst würde sich niemand mehr für solche freiwilligen Einsätze melden.

Worum ging es denn? – Ein Österreicher war in Gefahr. So etwas kommt öfter vor. Gerade gestern haben wir das wieder mit dem ORF-Reporter Franz Normann gesehen, den wir aus Ramallah schnell und ebenfalls unbürokratisch herausgeholt haben. (Bundesrat Bieringer: Hätten wir das auch nicht machen sollen? Genauso wenig wie bei dem Polizisten? Das ist ja ein Wahnsinn!) Genauso verhält es sich auch mit diesem Fall. Ich möchte daher auch ein paar wichtige Punkte hervorheben.

Erstens – noch einmal gesagt –: Das Leben eines Österreichers war in Gefahr. Ich kenne kein höheres Gut für eine Außenpolitik, als alles, aber wirklich alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür zu tun, dass das Leben eines Österreichers nicht unnötig aufs Spiel gesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie wissen, dass uns zwei voneinander unabhängige ärztliche Gutachten vorliegen, die ich hier aus Gründen des Datenschutzes nicht vorlegen kann. Aber Sie wissen auch, dass darin von erheblicher Lebensgefahr die Rede war. Es stand viel auf dem Spiel, wir mussten also entschlossen vorgehen. Der Gesundheitszustand von Martin A. hat sich zum damaligen Zeitpunkt – ich würde sagen stündlich – verschlechtert.

Zum Brief des Missionschefs unserer Vertretung in New York ist festzuhalten – ich komme natürlich im Detail noch darauf zu sprechen –, dass dies nicht der erste Schritt in der Sache Martin A. war, sondern dass diesem zahlreiche Aktivitäten unserer Vertretung in New York vorausgegangen sind, die allesamt auf Grund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der befassten UN-Organe erfolglos blieben. Daher zwang uns der Zeitdruck zu handeln. Das ist professionelles Handeln. Alles andere wäre unprofessionell gewesen.

Ich möchte hier auch etwas anmerken, weil Sie gesagt haben, der Hauptausschuss hätte informiert werden müssen: Der Hauptausschuss ist nur für die Genehmigung von Entsendungen zuständig, nicht aber für die Abberufungen. Es gibt eine ganze Reihe von Fällen von Repatriierungen, die aus den verschiedensten Gründen durchgeführt wurden. Das hat der Herr Innenminister ganz klar im besagten Hauptausschuss erwähnt.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Manchmal verlangt die Diplomatie auch klare Worte, aber nicht Drohungen, und manchmal ist es auch notwendig, glasklar auf den Punkt zu bringen, worauf es ankommt. Sie wissen, in dem von Ihnen so oft zitierten Brief an den UNO-Generalsekretär heißt es: "I would like to bring to your personal attention the case of Martin A., an Austrian civilian police officer in Kosovo" – und jetzt heißt es, – "the handling of which could seriously jeopardize the Austrian participation, not only in UNMIK, but in peacekeeping opera-tions in general."

Was heißt das? – Das heißt, die Behandlung des Falles könnte ernsthaft die österreichische Beteiligung gefährden. Dieser Satz bringt auf den Punkt, worauf es uns ankommt. Wir haben nicht, wie Sie unterstellen wollen, mit der Beendigung unserer UNO-Aktionen gedroht, sondern wir haben von einer Gefährdung unseres UNO-Engagements gesprochen. Das ist ein großer Unterschied. Gerade in der Diplomatie ist das ein Unterschied, weil wir die Worte, wie ich schon sagte, sorgfältig wählen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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