Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 136

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Unschuldsvermutung einer klaren Vorverurteilung des Beamten schuldig gemacht haben. Vor allem aber muss ich Sie eines fragen, meine Damen und Herren von der SPÖ: Nehmen Sie das Anliegen Ihrer dringlichen Anfrage wirklich ernst? – Erlauben Sie, dass ich daran erhebliche Zweifel anmelde, müsste ich Ihnen doch sonst völlige Inkonsequenz, wenn nicht Doppelbödigkeit unterstellen, und das will ich gar nicht.

Zumindest eines muss ich Ihnen aber doch vorhalten: Ihre ideologisch bedingte und motivierte Einseitigkeit. Erinnern Sie sich nicht mehr daran, dass ja Sie es waren, die, und zwar mit großer Vehemenz, Kritik an der Frau Bundesministerin Ferrero-Waldner geübt haben, sie hätte sich angeblich – das stimmte ja so gar nicht – nicht umgehend für die in Genua in Untersuchungshaft genommenen Mitglieder der so genannten "Volxtheater-Karawane" eingesetzt! Da ging Ihre Kritik in die genau gegenteilige Richtung! Das soll glaubwürdige Politik sein?! – Das nimmt Ihnen niemand ab! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich will Ihnen auch keineswegs unterstellen, dass damals Ihre Position deshalb eine andere war als heute, weil es damals um weit links stehende, um nicht zu sagen linksextreme Teilnehmer an gewalttätigen Ausschreitungen gegangen ist, sich heute aber bloß um einen österreichischen Polizisten handelt, der sich freiwillig zu einem UN-Friedenseinsatz gemeldet hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: Da weiß man, wo das Herz der SPÖ schlägt!)

Inzwischen ist ja durchaus bekannt, dass das italienische Höchstgericht, der Kassationsgerichtshof, festgestellt hat, dass die über die erwähnten Mitglieder der "Volxtheater-Karawane" verhängte Untersuchungshaft zu Unrecht aufgehoben worden ist, weil völlig ausreichender Tatverdacht bestanden hatte.

Ihnen aber konnte es damals nicht rasch genug gehen, dass die Verdächtigen aus der Haft entlassen und nach Österreich überstellt werden – und das aus Italien, einem zweifellos demokratischen Rechtsstaat.

Es ist also gar keine Frage, dass die gegen den österreichischen Polizeibeamten erhobenen schwer wiegenden Vorwürfe korrekt zu untersuchen sein werden. Das geschieht – das ist ja angekündigt –, und die entsprechenden Verfahren zur völligen Aufklärung des Falles laufen. Dass sich aber der Bundesminister für Inneres auf Grund der ihm zugekommenen Informationen um die Repatriierung des ihm unterstellten Beamten bemüht hat, war notwendig und richtig.

Ihre Kritik an seinem Vorgehen wie an dem Vorgehen der Frau Außenministerin, die ihn im Verhältnis zu den Vereinten Nationen tatkräftigst unterstützt hat, entbehrt nach unserer Überzeugung jeder Grundlage und jeder Berechtigung. Unser Vertrauen in die Amtsführung beider Bundesminister ist durch das von der Opposition kritisierte Vorgehen zum Schutz des betroffenen österreichischen Polizeibeamten nicht bloß nicht erschüttert, sondern klar und eindeutig verstärkt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.54

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

17.54

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lieber Herr Dr. Maier! Ich glaube, wir sollten den 1. Mai lassen. Entschlanken wir die Debatte! Sie und ich sind zu jung, um an der Geschichte dieses Tages, an der Erkämpfung dieses Tages als wichtiges Symbol beteiligt gewesen zu sein. (Bundesrat Dr. Maier: Wir feiern, und sie marschieren! Das ist der Unterschied!)

Sie wissen aber auch, dass der Versuch von anderer Seite, diesen Tag der Arbeiterbewegung wegzunehmen, auch ein sehr denkwürdiger Tag war. (Ruf bei der SPÖ: Weil ihr niemanden findet zum Marschieren!) Lassen wir heute aus dieser Diskussion den 1. Mai heraus! (Weitere Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und bei der ÖVP.)


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