Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 81

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ich habe das damals auch deutlich gehört, Herr Innenminister, wie lange Sie dagegen Widerstand geleistet haben.

Dieses Gesetz ist sozial unverträglich, es ist scheinheilig, und es ist vor allem vor einem ganz bestimmten Hintergrund diskriminierend. Es folgt der Überschrift: Integration vor Neuzuzug – darunter kann man viel verstehen –, aber in Wirklichkeit ermöglicht es nur eine Einwanderung durch die Hintertür – ohne Integrationsmaßnahmen.

Der erste Bereich ist die Ausdehnung der Saisoniers auf alle Branchen. Das ist das Billigste, wie man mit Ausländern umgehen kann. Ein Integrationsprozess ist immer ein beidseitiger Prozess, beide Seiten müssen aufeinander zugehen. Beim Saisonier heißt es: Da ist die Arbeit, du bleibst nur kurz da, und alles darum herum, was Integration bedeutet, interessiert uns nicht! Uns interessiert nicht der Mensch, sondern nur die Arbeitskraft.

Dieses Gesetz ist aber auch insofern diskriminierend, als es einen Unterschied zwischen den Ausländern, die hier im Land leben, macht. Es gibt verschiedene Gruppen von Ausländern, denen Österreich begegnet.

Meine Damen und Herren! Es ist genau 40 Jahre her – 40 Jahre! –, dass Österreich zwei Büros eröffnet hat, die Bundesregierung gemeinsam mit der Bundeswirtschaftskammer. Das ist auf den Monat genau 40 Jahre her. Das erste Büro, das Österreich eröffnet hat, war in Belgrad, und das zweite war in Istanbul. Diese österreichischen Büros, die offiziell eingerichtet wurden, waren Anwerbungsbüros. Wir haben vor 40 Jahren Anwerbungsbüros eröffnet, um möglichst viele Arbeitskräfte zu bekommen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Es waren aber nicht die ersten Anwerbungsbüros. Das allererste Anwerbungsbüro hat Österreich in Madrid eröffnet. Das ist schiefgegangen, denn die Spanier wollten nicht nach Österreich, und dann hat man sich der historischen und geographischen Nähe zu dem damaligen Jugoslawien und der Türkei erinnert und vor 40 Jahren damit begonnen, massiv Ausländer als Arbeitskräfte anzuwerben, sie einzuladen, hier zu arbeiten.

In dieser Politik liegt heute eine Verantwortung. Der Herr Innenminister hat in der Nationalratsdebatte gesagt, Österreich sei kein Zuwanderungsland, sondern ein Asylland. Ich muss sagen, ich bin über den zweiten Teil dieses Satzes sehr froh, in dem er uns ganz klar als Asylland ... (Bundesminister Dr. Strasser: Das ist aus dem Zusammenhang und falsch!)  – Gut, ich habe es aus der Zeitung. Es tut mir Leid, dann hat Sie die Zeitung falsch zitiert. Ich bin froh darüber, dass Sie zum Asylland einmal ein klares Bekenntnis abgegeben haben.

Aber wir würden die Augen verschließen: Österreich ist ein Einwanderungsland! Ein Siebtel der Bevölkerung seit der Eröffnung jener Büros vor 40 Jahren ist zugewandert. Ohne diese Zuwanderung wäre die Wirtschaft zusammengebrochen, Herr Ing. Klamt, wäre das soziale System zusammengebrochen, und ganze Branchen stünden ohne Arbeitskräfte da. Nach wie vor gilt aber: Wer sich legal in diesem Land aufhält, darf noch lange nicht legal arbeiten! – Das ist einer der allergrößten Missstände.

Österreich leistet sich – paradox! – die Ausbildung von Jugendlichen, HTL-Ausbildung zum Beispiel, die dann nicht arbeiten dürfen. Wir stecken Geld in Ausbildungssysteme und lassen die Ausgebildeten dann nicht arbeiten! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Lindinger. )  – Das wird nicht geändert. Nein, das wird nicht geändert, und das wissen Sie auch!

Minister Bartenstein hat damals im Zuge der Regierungsübernahme 2000 auch gesagt, dass er das in der Form ändern will. Es wird jetzt, was die Jugendlichen betrifft – da haben Sie Recht –, gemildert, aber nach wie vor gilt nicht der Grundsatz, dass diese Bereiche zusammengeführt werden. (Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Dr. Lindinger. )  – Nein, das gilt nicht!

Die Aufenthaltssicherheit wird in diesem Gesetz zugunsten sowohl der Verwaltung als auch der Illegalität ausgehöhlt.


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