Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 230

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Es wurde vor mittlerweile schon geraumer Zeit der Fall von zwei Mitarbeiterinnen des Grazer Magistrates bekannt, die von ihrem Vorgesetzten, einem FPÖ-Stadtrat, mehrfach und gröblich sexuell belästigt wurden. Ob bei dieser Form der Belästigung das Strafrecht verletzt wurde, wird derzeit von der zuständigen Staatsanwaltschaft überprüft. Naturgemäß sind solche Vorkommnisse auch Gegenstand des Disziplinarrechts.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Neben den beiden betroffenen bediensteten Frauen hat natürlich auch der Täter davon gewusst, aber angeblich – ich werde mir später erlauben, ein Zitat zu bringen – haben überhaupt alle davon gewusst. – Dazu gehört auch die derzeitige Staatssekretärin Mares Rossmann, ein Mitglied dieser Bundesregierung.

Frau Staatssekretärin Rossmann hat – und zwar in absolut unverantwortlicher Weise – selbst zugegeben, dass sie von diesen beiden Frauen kontaktiert wurde, dass sie von ihnen nach einer langen Zeit des schweren, gröblichen sexuellen Missbrauchs und der Übergriffe des FPÖ-Stadtrates über diese Sache informiert wurde und dass ihr als zuständiger Politikerin – damals in anderer Funktion – zu diesen groben und schweren Menschenrechtsverletzungen nichts anderes eingefallen ist, als zu ihrem damaligen Parteivorsitzenden zu gehen, einen Aktenvermerk anzulegen und die Sache ad acta zu legen.

Kollegin Rossmann hat sich, nachdem der Fall öffentlich wurde, unter anderem mit folgender Aussage verteidigt:

"Ich konnte daher auch nichts unternehmen. Ich war nicht in der verantwortlichen Position, um weitere Schritte zu setzen. Außerdem bitte, es haben damals ja alle gewusst." (Bundesrat Gasteiger: Sauber!)

Ich kann voraussetzen, dass die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen informiert ist und durch diese knappe und kurze Darstellung meinerseits genügend Information bekommen hat.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Versetzen wir Opfer und Täter in eine andere Situation (Bundesrätin Haunschmid: So wie in Oberösterreich bei Hufnagl! – Bundesrat Dr. Nittmann: Causa Hufnagl!): Wie würden Sie handeln, wie würden Sie politisch argumentieren, wenn Sie in Erfahrung bringen, dass eine Abgeordnete, ein Abgeordneter bei der Fahrt von x nach y an jemandem, der verletzt auf der Straße liegt, vorbeifährt, ohne Hilfe zu leisten oder zumindest Hilfe herbeizurufen? (Bundesrätin Haunschmid: Jetzt wissen wir es wenigstens! Wir haben das erlebt, bei der Causa Hufnagl!) Das ist vergleichbar, wenngleich das erste Delikt noch schwer wiegender ist. (Bundesrätin Haunschmid: Frau Kollegin Kainz hat berichtet, wie er gefragt worden ist! Hesoun! – Bundesrat Dr. Nittmann: Hesoun!)

Das heißt, man oder frau muss nicht erst Politiker oder Politikerin sein, um solche schweren und groben Menschenrechts- und Gesetzesverletzungen entsprechend zu beantworten, nämlich sich der Verantwortung als Staatsbürger bewusst zu werden. (Bundesrätin Haunschmid: Frau Kollegin Kainz kann Ihnen das berichten! Hufnagl in Oberösterreich ) – Ich gebe Ihnen Zeit für Ihre Zwischenrufe. (Bundesrätin Haunschmid: Die Deckung der SPÖ!) – Bitte, Kollegin Haunschmid? (Bundesrätin Haunschmid: Die Deckung der SPÖ in Oberösterreich!)  – Ich würde Ihnen vorschlagen, kommen Sie zum Rednerpult und decken Sie diesen oberösterreichischen Fall auf, gut? – Danke schön. (Bundesrätin Haunschmid: Das werde ich auch machen! Ganz kurz! Sie erzählen den oberösterreichischen Fall Hufnagl!)  – Es handelt sich hier offensichtlich um Kollegin Rossmann. Ich habe keine Lust, nicht nur zu dieser Stunde, sondern auch nicht in der Früh, auf Ihre ziemlich schwer nachvollziehbaren Zwischenrufe einzugehen. (Bundesrätin Haunschmid: Man kann nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt!) – Kommen Sie bitte ans Rednerpult und argumentieren Sie hier!

Es geht darum, dass nicht allein die Politikerin, sondern auch die Staatbürgerin Mares Rossmann zum damaligen Zeitpunkt gewusst hat, was ihre Pflicht ist, was die Pflicht jedes Menschen ist. Wenn es zu solch groben Verletzungen kommt, dann hat man entsprechende Schritte zu setzen. (Bundesrätin Haunschmid: Das hätten wir auch geglaubt!)


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